Dr. Jürgen Spliedt, Dr. Alexander Fridgen
Rn 61
Zunächst war im Regierungsentwurf bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zwingend die Aufhebung des Schutzschirmverfahrens vorgesehen, um aus Gründen des Gläubigerschutzes dem Schuldner die Möglichkeiten des § 270b zu entziehen und dem Gericht wieder die auch sonst üblichen Möglichkeiten zu Sicherung der Masse zu geben. Das wurde aber kritisiert, weil dann die Gläubiger – entgegen dem Konzept des Regierungsentwurfes – ihre Forderungen fällig stellen und dadurch das Schutzschirmverfahren zu Fall bringen könnten. Die Planbarkeit für den Schuldner, die ihn ja gerade zum Eintritt in das Schutzschirmverfahren bewegen soll, wäre damit zu stark beeinträchtigt. Die Interessen der Gläubiger seien auch ohne die zwingende Aufhebung des Schutzschirmverfahrens bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ausreichend gewahrt, weil diese nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 die Aufhebung des Verfahrens beantragen könnten. Außerdem stehe der Schuldner unter Aufsicht des Gerichts und werde von einem vorläufigen Sachwalter begleitet.
Festzuhalten ist daher, dass jedenfalls alleine der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf Altgläubiger nicht zu einer Aufhebung des Schutzschirmverfahrens führen muss. Zweifelhaft ist das aber, wenn auch Neugläubiger nicht mehr befriedigt werden können, weil dann die Fortführung des Betriebes mit vorläufiger Eigenverwaltung zu einer vorsätzlichen Schädigung dieser Neugläubiger führt. Denkbar ist, dass dieser Umstand die Sanierung aussichtslos werden lässt, so dass eine Aufhebung des Schutzschirmverfahrens nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 vorzunehmen wäre. Das kann und muss das Gericht im Rahmen des üblichen Berichtswesens feststellen.
Rn 62
Der vorläufige Gläubigerausschuss kann allerdings den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zum Anlass nehmen, ohne weitere Begründung die Aufhebung des Schutzschirms nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beantragen. Wenn ein Insolvenzgläubiger nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 die Aufhebung des Schutzschirmes wegen eintretender Nachteile beantragt hat, ist zu erwägen, welche Auswirkung der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit auf die für den Gläubiger zu erwartende Befriedigung hat. Führt der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dazu, dass eine schlechtere Befriedigung der Gläubiger zu erwarten ist, kann mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mittelbar der Antrag auf Aufhebung des Schutzschirmes begründet werden.
Rn 63
Keine Sonderregelung sieht das Schutzschirmverfahren für die in § 64 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG oder in § 99 GenG Verpflichtung des Geschäftsleiters vor, nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nur noch Zahlungen zu leisten, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Die Geschäftsleitung hat sich nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dann ausschließlich an den Interessen der Gläubiger zu orientieren, insbesondere sollen Masseverkürzungen bei der insolvenzreifen Gesellschaft und eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger verhindert werden.