Rn 4

Den Gläubigern im Insolvenzverfahren obliegt es, im Rahmen einer Gläubigerversammlung über die Aufhebung der Eigenverwaltung zu befinden. Zusätzlich zum Berichtstermin gemäß § 156 ist eine Gläubigerversammlung dann einzuberufen, wenn dies gemäß § 75 beantragt wird. Dem Gläubigerausschuss alleine steht kein Recht zur Beantragung der Aufhebung zu, auch wenn er vom Sachwalter nach § 274 Abs. 3 über die bevorstehenden Nachteile informiert wurde. Er kann lediglich die Einberufung einer Gläubigerversammlung beantragen, damit diese entscheiden kann. Abs. 1 Nr. 1 gibt daher der Gläubigergesamtheit die Möglichkeit, durch Beschluss die Aufhebung der Eigenverwaltung zu beantragen.

 

Rn 5

Der Beschluss der Gläubigerversammlung, mit dem die Aufhebung beantragt wird, muss allerdings mit der Summenmehrheit gemäß § 76 Abs. 2 (Summe der Forderungsbeträge der zustimmenden Gläubiger übersteigt die Hälfte der Summe der Forderungsbeträge der abstimmenden Gläubiger) und der Kopfmehrheit der abstimmenden Gläubiger gefasst werden. Das Erfordernis der Kopfmehrheit wurde erst durch das ESUG eingeführt und dient dazu, die Durchsetzung von Einzelinteressen geschickt agierender Großgläubiger zu verhindern (qualifizierte Mehrheit). Der Beschluss der Gläubigerversammlung muss nicht begründet werden.

 

Rn 6

Hinzuweisen ist auf die Entscheidung des BGH[3], wonach einzelnen Gläubigern kein Recht nach § 78 zusteht, die Aufhebung des Beschlusses der Gläubigerversammlung deswegen zu beantragen, weil er dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger widerspreche. Der Entscheidung ist zuzustimmen, weil das Widerspruchsrecht eines Gläubigers das Gericht dazu zwänge, eben jene Abwägungen, die die Gläubigerversammlung insgesamt und ohne Begründungszwang vornehmen soll, nachzuvollziehen. Letztendlich müsste das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung an die Stelle des Beschlusses der Gläubigerversammlung setzen und hierfür eine Begründung angeben. Das widerspricht aber dem Sinn des § 272, die Entscheidung über die Aufhebung der Eigenverwaltung unter Abwägung der Gläubigergesamtinteressen in die Hände der Gläubigerversammlung zu legen (Gläubigerautonomie).

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