Rn 6

§ 92 Satz 1 weist die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, die Insolvenzgläubiger durch die Verringerung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach Verfahrenseröffnung erlitten haben, dem Verwalter zu. Ein sog. Gesamtschaden ist anzunehmen, wenn ein einheitlicher Quotenschaden vorliegt.[1] Typischer Anwendungsfall von § 92 ist die Organhaftung wegen verspäteter Stellung des Insolvenzantrages gemäß § 64 GmbHG oder § 92 Abs. 2 AktG. Bei verspäteter Insolvenzantragstellung sind jedoch nur Altgläubiger von § 92 umfasst, nicht auch Neugläubiger, weil letzteren ein Vertrauensschaden in individueller Höhe entsteht.[2] Bedeutsamkeit erlangt diese Unterscheidung in der Eigenverwaltung dann, wenn der Schuldner in einem Schutzschirmverfahren nach § 270b Abs. 3 zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigt wurde und diese nach Eröffnung nicht befriedigt werden können. Beruht dieser Zahlungsausfall auf einem schuldhaften Pflichtverstoß des Schuldners, muss der Massegläubiger den Anspruch selbst verfolgen. Dafür spricht auch, dass § 92 nur Schadensersatzansprüche von Insolvenzgläubigern, nicht aber von Massegläubigern, dem Verwalter zur Geltendmachung zuweist.

 

Rn 7

Soweit in §§ 26, 206 UmwG,[3] § 46 GmbHG und § 147 AktG besondere Vertreter genannt sind, deren Aufgaben jeweils die Durchsetzung von Ansprüchen ist, erfasst § 92 deren Aufgabe ebenfalls und weist sie dem Sachwalter zu.

 

Rn 8

Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz eines Gesamtschadens gegen den Sachwalter weist § 92 Satz 2 einem neu zu bestellenden Verwalter zu. Zur Prüfung und Geltendmachung derartiger Ansprüche gegen den Sachwalter ist daher ein neu bestellter Sachwalter oder ein vom Gericht bestellter Sondersachwalter zu berufen.

 

Rn 9

Nach § 93 ist die persönliche Haftung bei Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft für die Dauer des Insolvenzverfahrens dem Sachwalter zugewiesen. Gemeint sind damit die in § 128 HGB, ggf. i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB oder § 278 Abs. 2 AktG geregelten Ansprüche gegen persönlich haftende Gesellschafter. Die Haftungsdurchsetzung gegenüber Kommanditisten ist dem Sachwalter ausdrücklich bereits in § 171 Abs. 2 HGB übertragen. § 93 verleiht dem Verwalter die Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis für bestimmte Ansprüche. Die Verfügungsbefugnis über die Ansprüche verbleibt beim einzelnen Gläubiger, der von der Anspruchsgeltendmachung selbst jedoch ausgeschlossen ist. In Betracht kommt auch, die Vorschrift entsprechend auf § 133 UmwG anzuwenden, wonach für Verbindlichkeiten eines übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden einer Spaltung begründet worden sind, beide an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner haften.

[2] Kritisch Uhlenbruck-Hirte, 13. Aufl. 2010, § 92 InsO Rn. 9.
[3] Vgl. Uhlenbruck-Hirte, 13. Aufl. 2010, § 92 InsO Rn. 23.

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