Rn 37
Die Abtretungserklärung umfasst alle pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis ("Arbeitsentgelt") oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge. Dies sind zum einen alle Arten von Arbeitseinkommen i.S. des § 850 ZPO sowie insbesondere Renten und sonstige laufende Geldleistungen der Träger der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit im Falle des Ruhestands, der Erwerbsunfähigkeit oder der Arbeitslosigkeit. Dazu gehören auch Hinterbliebenenbezüge (Witwen- und Waisenrenten) und Abfindungen nach § 9 KSchG. Der Begriff "Bezüge" ist weit auszulegen. Entsprechend § 850e Nr. 3 ZPO sind gleichzeitig gewährte Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Ebenso gehört das Arbeitsentgelt eines Strafgefangenen für im Gefängnis geleistete Arbeit (§ 43 StVollzG) zu den genannten Bezügen. Nicht erfasst werden Steuererstattungsansprüche (Einkommen- und Lohnsteuer) und Vermögenszuwächse aus Lotteriegewinnen und Schenkungen; bei Erbschaften nur die Hälfte (§ 295 Abs. 1 Nr. 2). Ein Steuererstattungsanspruch gehört aber zur Insolvenzmasse.
Rn 38
Die Abtretungserklärung ist von allen antragstellenden natürlichen Personen ohne Unterscheidung von "Verbrauchern" und "Selbständigen" abzugeben. Da § 295 Abs. 2 Selbständige jedoch dazu verpflichtet, Zahlungen an den Treuhänder zu leisten, wie wenn sie ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wären, erscheint es fraglich, inwieweit Selbständige überhaupt erfasst werden. Einkünfte, die der Schuldner nach der Insolvenzeröffnung erzielt, gehören in vollem Umfange ohne einen Abzug für beruflich bedingte Ausgaben zur Insolvenzmasse. Er kann aber gem. § 850i ZPO beantragen, dass ihm von seinen durch Vergütungsansprüche gegen Dritte erzielten Einkünften ein pfandfreier Anteil belassen wird. § 295 Abs. 2 schränkt für den Selbständigen die Verpflichtung nicht ein, z.B. als selbständiger Handelsvertreter sein Fixum, als Zahnarzt seine Ansprüche gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung oder Bezüge als Vorstandsmitglied einer juristischen Person als Folge der Abtretungserklärung abzuführen. Der BGH ist unter Abwägung der gegensätzlichen Auffassungen, ob die Einkünfte eines Schuldners aus selbständiger Tätigkeit unter § 287 Abs. 2 fallen, zum Ergebnis gelangt, dass dies nicht der Fall ist. Nach dem Wortlaut und der Formulierung des Abs. 2 "Bezüge aus einem Dienstverhältnis" sei ein Vertragsverhältnis gemeint ist, das auf eine gewisse Dauer angelegt und mit regelmäßigen Einkünften verbunden ist. Dies sei bei selbständiger Tätigkeit nur ausnahmsweise der Fall.
Rn 39
Der Inhalt der Erklärung muss klar und eindeutig, zumindest bestimmbar gefasst sein. Ausreichend ist die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts.
Rn 40
In der Erklärung hat der Schuldner des Weiteren anzugeben, ob und ggf. an wen die Forderungen bereits zuvor abgetreten oder verpfändet worden sind (§ 287 Abs. 2 Satz 2). Die Erklärung steht im Zusammenhang mit § 114, wonach vor Verfahrenseröffnung erfolgte rechtsgeschäftliche Verfügungen über die laufenden Bezüge oder im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Pfändungspfandrechte an diesen Bezügen nach Verfahrenseröffnung nur noch eine begrenzte Zeit wirksam sind. Im Übrigen fallen die pfändbaren Teile der Bezüge, die nach Verfahrenseröffnung fällig werden, als Neuerwerb in die Insolvenzmasse (§§ 35, 36). Weiterhin verliert der Schuldner mit Eröffnung des Verfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis für den abgetretenen, pfändbaren Teil seiner Bezüge.
Rn 41
Fehlende Angaben zu bereits vorhandenen Abtretungen (§ 287 Abs. 2 Satz 2) führen noch nicht zur Unzulässigkeit wegen Unvollständigkeit, können allerdings im Falle des Verschweigens einen Versagungsgrund bedeuten.