Rn 66
Die Auskunfts- und Mitwirkungsverpflichtungen des Schuldners nach der Insolvenzordnung (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 n. F.) ("im laufenden Insolvenzverfahren", § 290 Abs. 1 Nr. 5 a. F.) ergeben sich aus § 97, im Eröffnungsverfahren auch einschließlich der Mitwirkungspflichten aus § 20 i. V. m. § 97. Diese Verpflichtungen gelten also im gesamten Insolvenzverfahren ab der Einreichung eines zulässigen Eröffnungsantrags (§ 20 Abs. 1 Satz 1) aufgrund eines ernsthaften Eröffnungsverlangens und Darlegung eines Eröffnungsgrundes. Die Auskunftspflicht entsteht unabhängig davon, ob das Insolvenzgericht die Zulässigkeit des Insolvenzeröffnungsantrags feststellt. Durch die Neufassung des Abs. 1 Nr. 5 sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass sämtliche Auskunfts- und Mitwirkungspflichten vom Eröffnungsantrag bis zum Schlusstermin erfasst werden.
Rn 67
Durch § 290 Abs. 1 Nr. 5 soll erreicht werden, dass der Schuldner diese Auskunfts- und Mitwirkungspflichten uneingeschränkt und vorbehaltlos erfüllt. Er hat Umstände, die für die Erteilung der Restschuldbefreiung von Bedeutung sein können, von sich aus ohne besondere Nachfrage zu offenbaren. Der Schuldner darf auch nicht Angaben zur Masse unterlassen, die nach seiner Meinung "uninteressant" sind.
Rn 68
Die Auskunftspflicht des Schuldners ist umfassend (vgl. Kommentierung zu §§ 20 und 97). Auskünfte sind vom Schuldner nach §§ 20 Abs. 1, 97 über alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse zu erteilen, die für das Verfahren von Bedeutung sein können. Der Schuldner muss nicht nur den Anordnungen des Gerichts ohne Zögern Folge leisten, sondern auch verlangte Unterlagen (Vermögensverzeichnis, Gläubiger- und Forderungsverzeichnis, Debitorenverzeichnis, Aufstellungen über Sicherheiten der Gläubiger, Betriebsunterlagen u. Ä.) vorlegen. Nur ein vollständiges Gläubigerverzeichnis versetzt das Insolvenzgericht in die Lage, den Eröffnungsbeschluss den Gläubigern durch Zustellung zur Kenntnis zu geben. Dabei dürfen auch (Lebens-)Versicherungen und Rechte, wie Erbbaurechte, Patente, Gebrauchsmuster nicht verschwiegen werden. Hat der Schuldner eine Forderung mit einem hohen Nennwert zu einem Bruchteil des Werts verkauft, muss er auch dies angeben, da u. U. eine (Teil-)Schenkung vorliegen kann. Der Schuldner darf auch nicht seiner Meinung nach schwierig beitreibare Forderungen weglassen. Ein Verstoß liegt nicht nur bei der Nichtbeantwortung von Fragen, sondern auch im Verheimlichen von für das Verfahren relevanten Umständen, z. B. der Erzielung von Nebeneinkünften oder Anfall und Annahme einer Erbschaft, der Nichtangabe der Veräußerung von Geschäftsanteilen an Verwandte überhaupt bei jeder Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Auch das Verschweigen eines Treuhandkontos in den vorbereitenden Gesprächen zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens kann einen Verstoß darstellen. Aber auch der Erwerb von Geschäftsanteilen einer GmbH und die Übernahme des Geschäftsführeramts müssen vom Schuldner unverzüglich mitgeteilt werden. Zahlt eine Bausparkasse oder Versicherung versehentlich nach Kündigung durch den Insolvenzverwalter den angesammelten Betrag an den Schuldner aus und verwendet dieser den Betrag für seine Zwecke, liegt ein Verstoß jedenfalls gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 vor, denn es besteht eine "aktive Auskunftspflicht". Eine Selbstanzeige des Schuldners hindert eine Versagung nicht, da gegen die aktive Offenbarungspflicht schon zuvor verstoßen wurde.
Rn 69
Die Auskünfte, insbesondere zum Beruf und den Einkünften des Schuldners, müssen präzise sein und dürfen nicht verschleiern (Beispiel: Berufsangabe des Schuldners: "Unselbständiger Bodenleger" – tatsächlich: Geschäftsführender Gesellschafter einer Fußbodentechnik GmbH – Einkommen des Schuldners: 750 EUR, Einkommen der angestellten Ehefrau: 3.250 EUR). Eine Verschleierung der Einkommensverhältnisse ist auch anzunehmen, wenn der Schuldner nach vorheriger Führung einer namensähnlichen Einzelfirma gleicher Anschrift sich durch anschließende Tätigkeit hinter einer Ltd. versteckt. Ein Verstoß liegt auch dann vor, wenn erst auf Gläubigernachfrage ausweichend Angaben zu einem ausländischen Grundbesitz gemacht werden, selbst wenn dieser unverwertbar oder wertausschöpfend belastet ist.
Rn 70
Eine Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflicht i. S. der Nr. 5 liegt aber nur dann vor, wenn die Anordnung selbst den Vorschriften der Insolvenzordnung entspricht bzw. soweit die Pflichten z. B. in §§ 20, 97, 98, 101 gesetzlich bestimmt sind.
Rn 71
Zu den Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 97 gehört auch die Mitteilung jedes Anschriftenwechsels an das Insolvenzgericht und den Insolvenzverwalter.
Rn 72
Der Schuldner ist im eröffneten Verfahren verpflichtet, den Insolvenzverwalter/Treuhänder über eine angefallene Erbschaft zu informieren. Ein Verstoß liegt nicht nur vor, wenn er ihm die Erbschaft voren...