4.1 Rechtslage für ab dem 1.7.2014 beantragte Insolvenzverfahren Antragstellung (§ 290 Abs. 2)
Rn 103
§ 290 Abs. 2 Satz 1 wurde dahingehend ergänzt, dass der Gläubiger jederzeit schriftlich bis zum Schlusstermin den Versagungsantrag stellen kann. Die bisherige Regelung, dass die Gläubiger den Versagungsantrag nur im Schlusstermin persönlich oder durch Vertreter stellen konnten oder im schriftlichen Verfahren erst zum Schlusstermin, wurde als unbefriedigend angesehen. § 290 Abs. 2 n. F. eröffnet nun den Gläubigern die Möglichkeit, einen Versagungsantrag sowohl im schriftlichen wie auch im mündlichen Verfahren bis zum Schlusstermin zu stellen.
Nach § 290 Abs. 2 Satz 2 n. F. hat das Insolvenzgericht nach dem Schlusstermin über alle Versagungsanträge zu entscheiden. Diese Regelung entspricht im Kern dem bisherigen § 289 Abs. 1 Satz 2. Da alle Insolvenzgläubiger bis zum Schlusstermin einen Versagungsantrag stellen können, wurde zur Entlastung der Justiz und um klarzustellen, dass es sich um keine Sachbehandlung mit unangemessener Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 1 GVG handelt, eine einzige Entscheidung des Gerichts über alle Anträge erst nach dem Schlusstermin angeordnet. Damit wird auch klargestellt, dass diese Sachbehandlung nicht als unangemessene Verfahrensdauer gewertet werden kann.
4.2 Rechtslage für vor dem 1.7.2014 beantragte Insolvenzverfahren
Rn 104
Der Versagungsantrag kann von einem Gläubiger nur im Schlusstermin oder bis zu einem entsprechenden Termin im schriftlichen Verfahren gestellt werden. Ebenso muss der antragstellende Gläubiger gleichzeitig die von ihm im Antrag angeführten Versagungsgründe glaubhaft machen (§ 290 Abs. 2). Werden die oben genannten Versagungsgründe nicht im Schlusstermin vorgebracht und wird im Schlusstermin kein zulässiger Antrag eines Insolvenzgläubigers auf Versagung gestellt, findet grundsätzlich eine Präklusion dieser Versagungsgründe statt. Dem Antragsteller kann nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes keine Nachfrist für eine Glaubhaftmachung gesetzt werden.
Rn 105
Über die Restschuldbefreiung ist gemäß § 300 Abs. 1 in jedem Fall nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren zu entscheiden. Kann ein Schlusstermin zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgehalten werden, weil das Insolvenzverfahren (z. B. schwierige Immobilienverwertung, laufende Anfechtungsprozesse) noch nicht abgeschlossen werden kann, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters/ Treuhänders an Stelle des Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 Abs. 1). Möglich ist die Einberufung einer Gläubigerversammlung oder Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 5 Abs. 2) Das Insolvenzverfahren selbst wird bis zur Schlussverteilung, dem Schlusstermin und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortgesetzt Wird die Restschuldbefreiung rechtskräftig abgelehnt, kann das Verfahren ohnehin normal weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden.
4.3 Glaubhaftmachung und Entscheidung (§ 290 Abs. 2 a. F. u. n. F.)
Rn 106
Für die Glaubhaftmachung gelten gemäß § 4 die für den Zivilprozess geltenden Regeln des § 294 Abs. 1 ZPO, d. h. neben den allgemeinen Beweismitteln (Beweis durch Augenschein, Zeugenbeweis, Sachverständige, Urkunden – auch einfache Abschriften, Parteivernehmung) steht auch das Mittel der Versicherung an Eides Statt zur Verfügung. Ausreichend sind auch die anwaltschaftliche Versicherung unter Bezugnahme auf die Standespflichten, die Bezugnahme auf andere Schriftstücke, so z. B. auf Teile der Insolvenzakten, darin enthaltene Berichte, auch auf den (Schluss-)bericht des Insolvenzverwalters/Treuhänders, aus dem sich konkrete Hinweise auf einen Versagungsgrund ergeben. Dasselbe gilt auch für eine vorgelegte schriftliche Erklärung des Insolvenzverwalters oder Treuhänders, für Urkunden, Protokolle (z. B. eines Gerichtsvollziehers) und amtliche Auskünfte. Auch die Vorlage einer zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift in einem Steuerstrafverfahren kann zur Glaubhaftmachung von unvollständigen oder falschen Angaben zur Leistungsvermeidung i. S. d. § 290 Abs. 1 Nr. 2 a. E. ausreichen. Das LG Mainz hat auch entschieden, dass ein Fahndungsbericht der Steuerfahndung den Ansprüchen der Glaubhaftmachung genügen kann. Als Mittel der Glaubhaftmachung können aufgrund einer richterlichen Sachprüfung ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, also auch Strafbefehle dienen. Schließlich reicht es aus, wenn der anwesende Schuldner den vorgetragenen Sachverhalt einräumt ("Geständnis") oder der schlüssig vorgetragene maßgebliche Sachverhalt vom Schuldner nicht bestritten wird. Allein eine einleuchtende Darlegung oder die Vermutung ei...