2.1.1 Verletzung von Obliegenheiten (§ 303 Abs. 1 Nr. 1 n. F.)
Rn 3
Hierbei handelt es sich ausschließlich um eine Verletzung der Obliegenheiten aus § 295 Nr. 1–4 – nicht jedoch denen des § 296 Abs. 2. Die Regelung ist abschließend. Nicht dazu gehören deshalb die in § 297 und § 298 enthaltenen Verstöße. Durch den seit 2007 zunächst nicht weiter verfolgten "Entwurf eines Gesetzes zur Entschuldung mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen" soll Abs. 1 dahin gehend ergänzt werden, dass auch eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer der in § 297 Abs. 1 genannten Straftaten zum Widerruf rechtfertigt, auch wenn diese bei der Erteilung der Restschuldbefreiung verborgen geblieben war.
Rn 4
Während für die Versagung wegen einer Obliegenheitsverletzung gemäß § 296 innerhalb der Wohlverhaltensperiode grundsätzlich sowohl ein fahrlässiger als auch ein vorsätzlicher Verstoß des Schuldners in Betracht kommt und es zudem dem Schuldner obliegt, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er nicht schuldhaft gehandelt hat, kann die Restschuldbefreiung nur im Falle einer zumindest bedingt vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung widerrufen werden, wobei der Vorsatz nicht die wirtschaftlichen Folgen der Obliegenheitsverletzung umfassen muss und der den Antrag stellende Gläubiger die Feststellungslast für das Vorliegen des Verschuldens trägt.
Rn 5
Die Obliegenheitsverletzung muss dem antragstellenden Gläubiger erst nach Rechtskraft der Entscheidung über die Erteilung der Restschuldbefreiung positiv bekannt geworden sein ("nachträglich herausstellt, dass …"); bloße Gerüchte reichen zur Annahme eines Bekanntseins nicht aus, allerdings die Kenntnis einer Reihe von Indizien, die nur einen vernünftigen Schluss zulassen, durchaus. Dies gilt jeweils für den Antragsteller ohne Rücksicht darauf, ob andere Gläubiger, das Gericht oder der Treuhänder bereits Kenntnis hatten.
Rn 6
Durch die Obliegenheitsverletzung muss die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt werden (§ 303 Abs. 2 2. Halbs.). Wegen des erst nachträglich erfolgenden schwerwiegenden Eingriffs muss ein Kausalzusammenhang zwischen Obliegenheitsverletzung und der erheblichen Beeinträchtigung bestehen. Ob ein für den Widerruf hinreichend erheblicher Grad der Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen vorliegt, ist gesetzlich nicht definiert und letztlich eine Frage des Einzelfalls. Hier alleine auf prozentuale Bezifferungen abzustellen, erscheint nicht angezeigt, um Schuldner mit einer großen Anzahl von Gläubigern nicht zu privilegieren.
2.1.2 Verurteilungen (§ 303 Abs. 1 Nr. 2 n. F.)
Rn 6a
Zunächst war nur vorgesehen, dass ein Widerruf auch dann möglich sein sollte, wenn bei Erteilung der Restschuldbefreiung eine während der Laufzeit der Abtretungserklärung ergangene Verurteilung wegen einer der in § 297 genannten Straftaten unbekannt geblieben ist. In § 303 Abs. 1 Nr. 2 n. F. wurde auch der Tatsache Rechnung getragen, dass die strafrechtlichen Ermittlungen in Fällen mit wirtschaftlichem Hintergrund so wie auch die Verhandlungen in Strafsachen dieser Art oftmals sehr schwierig und zeitaufwendig sind – und ggf. die Verteidigung auch eine Verurteilung zumindest bis nach dem Ablauf der Abtretungsfrist verzögern möchte. Aus diesem Grund kann die Restschuldbefreiung jetzt auch dann widerrufen werden, wenn der Schuldner erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung wegen einer bis zum Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung begangenen Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wird (§ 297 Abs. 1 n. F.). Abgestellt wird dabei auf die Einzelstrafe der zur Anwendung gekommenen Bankrottvorschrift; die Gesamtstrafe kann nur berücksichtigt werden, wenn ausschließlich wegen der Bankrottvorschriften verurteilt wurde. Wenn die Verurteilung vor der Erteilung der Restschuldbefreiung erfolgte, gilt auch hier, dass der den Versagungsantrag stellende Gläubiger erst nach der Erteilung der Restschuldbefreiung Kenntnis von der Verurteilung erlangt haben darf, da der Versagungsgrund des § 297 nicht unterlaufen werden darf, vgl. insofern Rn. 5.
Ein besonderer Bezug des Strafverfahrens zum Insolvenzverfahren ist nicht erforderlich, dafür die Rechtskraft der Verurteilung.