Rn 111
Auch im Verbraucherinsolvenzverfahren gilt grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz des § 5. Die allgemeinen Eröffnungsvoraussetzungen gemäß §§ 11 ff. sind daher von Amts wegen zu prüfen. So hat das Insolvenzgericht beispielsweise seine örtliche Zuständigkeit uneingeschränkt amtswegig zu ermitteln. Die Zuständigkeit des Insolvenzrichters umfasst das gesamte Eröffnungsverfahren (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG), mithin ist er sowohl zur Entscheidung über den Verbraucherinsolvenzantrag als auch für das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren zuständig.
Rn 112
Eine Einschränkung der Prüfung der spezifischen Voraussetzungen des Verbraucherinsolvenzverfahrens sieht § 305 Abs. 3 S. 1 vor. Die durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 präzisierte Vorschrift beschränkt die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf die quantitative Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen entsprechend den Vorgaben in § 305 Abs. 1 Nr. 1–4 und das vollständige Ausfüllen der durch die VbrInsFV vorgeschriebenen Formulare. Das Insolvenzgericht führt mithin keine inhaltliche Überprüfung der Unterlagen durch. Ziel der Neufassung des § 305 Abs. 3 war es ausdrücklich, überzogene Auflagenverfügungen der Gerichte und damit verbundene Verfahrensverzögerungen zu vermeiden. Das Ziel des Formularzwangs, dem Schuldner den Zugang zum Verfahren zu erleichtern und die geforderten Angaben auf das unumgängliche Maß zu reduzieren, werde konterkariert, wenn die Gerichte über die Formulare hinausgehende Anforderungen stellen würden.
Rn 113
Aus § 305 ergibt sich weder ein materiell-rechtlicher Prüfungszwang noch ein Prüfungsrecht. Allerdings ist die offensichtliche Unzulänglichkeit einer Unterlage deren Unvollständigkeit gleichzustellen und mithin Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Die Abgrenzung, ob eine offensichtliche Unzulänglichkeit oder ein inhaltlicher Fehler vorliegt, stellt die Praxis häufig vor Probleme.
Im Folgenden werden die Besonderheiten der Prüfung in Bezug auf die einzelnen Bestandteile des Insolvenzantrags näher dargestellt:
6.1 Bescheinigung (Abs. 1 Nr. 1)
Rn 114
Der Prüfungsumfang des Insolvenzgerichts ist im Hinblick auf die Bescheinigung gemäß Abs. 1 Nr. 1 nicht auf eine rein formelle Kontrolle beschränkt, ob überhaupt eine Bescheinigung vorgelegt wurde. Das Gericht kann die Bescheinigung daraufhin überprüfen, ob sie schlüssige Erklärungen enthält, weil § 305 Abs. 1 Nr. 1 den Zweck verfolgt, durch die Ausschöpfung außergerichtlicher Einigungsmöglichkeiten ein gerichtliches Insolvenzverfahren zu vermeiden oder es wenigstens zu beschleunigen oder zu vereinfachen. Daher muss der Versuch der Schuldenbereinigung ernstlich betrieben worden sein. Eine inhaltliche Kontrolle des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuches findet nicht statt. Ist der Plan allerdings offensichtlich inhaltlich unzureichend im Hinblick auf die Vermögenslage des Schuldners (s.o. Rn. 19 ff.) oder hat der Schuldner seine Vermögenslage offensichtlich fehlerhaft gegenüber den Gläubigern dargestellt (s.o. Rn. 23) kann er vom Gericht als nicht hinreichend ernsthaft eingestuft werden. In diesem Fall darf das Gericht die Bescheinigung nicht akzeptieren. Gleichwohl kommt dem Gericht grundsätzlich keine materielle Prüfungs-, Änderungs- oder Gestaltungskompetenz zu. Die Prüfung, ob der Versuch der Schuldenbereinigung ernstlich betrieben worden ist, obliegt der geeigneten Person oder Stelle. Ob eine Stelle geeignet ist, nimmt die nach dem jeweiligen Ausführungsgesetz zuständige Verwaltungsbehörde vor, nicht das Gericht. Deshalb gibt es keine Vermutung, eine Beratung sei bei einer großen räumlichen Distanz nicht ordnungsgemäß erfolgt.
Rn 115
Im Rahmen der Prüfung der Bescheinigung darf das Insolvenzgericht von Amts wegen das in der Bescheinigung verzeichnete Datum des Scheiterns des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs (sog. Scheiternsdatum) auf offensichtliche Verfahrensfehler prüfen. Dies ist bspw. der Fall, wenn den Gläubigern außergerichtlich eine Stellungnahmefrist eingeräumt, bereits vor deren Ablauf aber das Scheitern der außergerichtlichen Schuldenbereinigung bescheinigt wird. Darüber hinausgehend ist das Gericht auch berechtigt zu prüfen, ob die ausstellende Stelle ihr Ermessen bei der Bestimmung des Zeitpunkts des endgültigen Scheiterns offensichtlich überschritten hat. Hierzu darf das Gericht jedoch keine Amtsermittlung betreiben, da die Prüfung auf die Bescheinigung beschränkt ist. Mithin sind die dort aufgeführten wesentlichen Gründ...