Rn 14
Der Eintritt der Fiktion bewirkt das Scheitern jedes außergerichtlichen Einigungsversuchs. Dies bedeutet aber lediglich, dass der Schuldner seine außergerichtlichen Einigungsbemühungen nicht mehr fortführen muss. Sieht er weiterhin eine Chance auf eine Einigung bleibt es ihm unbenommen, seinen Gläubigern weitere Einigungsvorschläge zu unterbreiten. Da in den meisten Fällen Vollstreckungsversuche fruchtlos verlaufen werden, ist die Möglichkeit einer Einigung nicht immer ausgeschlossen. Die Möglichkeit zur Fortsetzung des außergerichtlichen Einigungsversuchs besteht indes nur dann schrankenlos, wenn der Schuldner kein Verbraucherinsolvenzverfahren gemäß §§ 304 ff. anstrebt. Ansonsten ist er an die Frist von 6 Monaten zur Stellung eines Verbraucherinsolvenzantrages gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 gebunden (vgl. die Kommentierung bei § 305 Rn. 62 ff.). Während dieses Zeitraums soll dem Schuldner Gelegenheit gegeben werden, die Antragsunterlagen nach § 305 zusammenzustellen. Während der Verhandlungen kann in Ausnahmefällen eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765 a ZPO angeordnet werden. Auch wenn die ursprünglich im Regierungsentwurf des InsOÄndG vorgesehene Einfügung eines speziellen Einstellungstatbestandes für Fälle einer außergerichtlichen Sanierung in § 765 a Abs. 4 ZPO wegen des Widerstandes von Rechtsausschuss und Bundesrat nicht Gesetz geworden ist, kann in geeigneten Fällen dennoch auf die allgemeine gesetzliche Regelung zurückgegriffen werden.
Rn 15
Der Schuldner hat keine Pflicht zur Unterrichtung der Gläubiger über das Scheitern des Einigungsversuches. Ist die Fiktion des Scheiterns eingetreten, kann er sofort den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 305 stellen. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Schuldner das Scheitern gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 auch belegen kann. Dies geschieht durch einen Bestätigungsvermerk der geeigneten Person oder Stelle in der Anlage 2 Ziff. III, IV des durch die VbrInsFV vorgeschriebenen Vordrucks (online verfügbar bei Gruppe 4), durch Beifügung des außergerichtlichen Plans und Angabe, wann der Einigungsversuch gescheitert ist (siehe auch die Kommentierung bei § 305 Rn. 44 ff.).
Rn 16
Darüber, wann von einem endgültigen Scheitern auszugehen ist, besteht außerhalb der Fiktionswirkung des § 305 a Streit (vgl. die Kommentierung bei § 305 Rn. 63). Richtigerweise sollte nicht schematisch auf die erste oder die letzte (negative) Gläubigerrückmeldung abgestellt werden, sondern maßgeblich ist allein der Zeitpunkt, den die ausstellende Stelle für das Scheitern angibt. Dieser Zeitpunkt muss nachvollziehbar begründet werden, wenn er sich nicht ohne Weiteres aus den allgemeinen Daten ergibt. Die Bescheinigung der Erfolglosigkeit selbst erfolgt unter Ziff. IV des Formulars. Demgegenüber besteht bei Eintritt der Fiktion kein Ermessensspielraum der ausstellenden Stelle. Die Fiktion ist unwiderleglich. Weder die ausstellende Stelle, das Gericht oder ein Dritter können sich darauf berufen, tatsächlich hätten trotz dem Betreiben der Einzelzwangsvollstreckung noch Chancen zur außergerichtlichen Einigung bestanden.
Rn 17
Die Angabe der Gründe für das Scheitern und damit das Betreiben von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach Aufnahme der Verhandlungen in der Anlage 2 A Ziff. I ist von der geeigneten Person oder Stelle vorzunehmen (vgl. die Kommentierung bei § 305 Rn. 69). Dies ergibt sich aus der Bezugnahme in Anlage 2 Ziff. III. 4. Es entspricht im Übrigen auch der Begründung zum Gesetzentwurf, die vorsah, dass die geeignete Person oder Stelle in der Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 auf die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hinzuweisen hat.