2.1 Überschuldung
Rn 5
Der Überschuldungsbegriff ist für das Nachlassinsolvenzverfahren zu unterscheiden vom Überschuldungsbegriff des § 19 für das Regelinsolvenzverfahren.
Rn 6
Die Definition der Überschuldung in § 19 Abs. 2 bezieht sich auf juristische Personen, die unternehmerisch tätig sind. Je nachdem, welche Fortführungsprognose anzustellen ist, sind die dort vorhandenen Aktiva mit Liquidationswerten oder mit Fortführungswerten anzusetzen.
Rn 7
Demgegenüber bedeutet Überschuldung i.S.d. § 320 rechnerische Überschuldung bei Ansatz von Liquidationswerten.
Rn 8
Maßgeblich ist die Vermögenssituation des Nachlasses zur Zeit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Aktiva sind den Nachlassverbindlichkeiten gegenüberzustellen. Überschuldung des Nachlasses ist gegeben, wenn die Vermögenswerte des Nachlasses ggf. nach Liquidierung zur vollen Bedienung aller Nachlassverbindlichkeiten nicht ausreichen.
Rn 9
Nachlassverbindlichkeiten sind dabei die Masseverbindlichkeiten gemäß §§ 55, 324 sowie die weiteren Nachlassverbindlichkeiten gemäß §§ 325–327.
Rn 10
Soweit Forderungen, die sich gegen den Nachlass richten, betagt, bedingt oder ungewiss sind, finden §§ 41, 42, 45 und 46 Anwendung (vgl. § 2313 BGB).
Rn 11
Beruht die Überschuldung allein darauf, dass der Nachlass durch Vermächtnisse und Auflagen beschwert ist, so steht dem Erben unter gewissen Voraussetzungen die sog. Unzulänglichkeits- oder Dürftigkeitseinrede zu (§ 1992 BGB).
2.2 Zahlungsunfähigkeit
Rn 12
Für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses ist allein auf die im Nachlass vorhandenen flüssigen oder alsbald liquidierbaren Vermögenswerte abzustellen, die sonstigen Vermögensverhältnisse des Erben bleiben außer Betracht; Schuldner i.S.d. § 17 Abs. 2 ist der Nachlass.
Rn 13
Für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit sind den tatsächlich vorhandenen liquiden oder kurzfristig liquidierbaren Mitteln die im Sinne der zivilrechtlichen Bestimmungen fälligen Forderungen gegenüberzustellen. Reichen die Mittel des Nachlasses nicht aus, die bestehenden Forderungen entsprechend ihrer Fälligkeiten in vollem Umfang zu bedienen, liegt Zahlungsunfähigkeit vor.
2.3 Drohende Zahlungsunfähigkeit
Rn 14
Auch für den Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist allein auf den Bestand der liquiden und kurzfristig liquidierbaren Mittel des Nachlasses abzustellen.
Rn 15
Die Prognoseregelung des § 18 Abs. 2 besagt, dass der Nachlass zahlungsunfähig zu werden droht, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Abzustellen ist damit auf die bereits begründeten, aber ggf. noch nicht fälligen Zahlungsverpflichtungen, die aus dem Nachlass berichtigt werden müssen.
Rn 16
Ist es wahrscheinlicher, dass der Nachlass zur fristgemäßen Zahlung nicht ausreichen wird, liegt drohende Zahlungsunfähigkeit vor.
Rn 17
Auf drohende Zahlungsunfähigkeit kann sich nur der Erbe, ein Nachlassverwalter oder ein anderer Nachlasspfleger oder der Testamentsvollstrecker bei Stellung seines Antrags berufen, nicht jedoch die Nachlassgläubiger.
Rn 18
Die Unterlassung eines Eröffnungsantrags aus dem Grund der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist nicht sanktionsbewehrt und löst keine Schadensersatzpflichten aus (§ 1980 BGB).