Gesetzestext
(1) Die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens wird anerkannt. Dies gilt nicht,
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wenn die Gerichte des Staats der Verfahrenseröffnung nach deutschem Recht nicht zuständig sind; |
2. |
soweit die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere soweit sie mit den Grundrechten unvereinbar ist. |
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen werden, sowie für Entscheidungen, die zur Durchführung oder Beendigung des anerkannten Insolvenzverfahrens ergangen sind.
1. Regelungsbereich
Rn 1
§ 343 normiert die Voraussetzungen, unter denen ein ausländisches (nicht-europäisches) Insolvenzverfahren in Deutschland anerkannt wird.
Rn 2
§ 343 geht von dem Grundsatz aus, dass ausländische Insolvenzverfahren automatisch anerkannt werden (Abs. 1 Satz 1). § 343 Abs. 1 betrifft die Anerkennung des Eröffnungsbeschlusses und der damit verbundenen Gestaltungswirkungen.
Rn 3
Gemäß § 343 Abs. 2 werden auch Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen werden, sowie sonstige der Durchführung oder Beendigung des Insolvenzverfahrens dienenden Entscheidungen grundsätzlich anerkannt (dazu Rn. 24 ff.).
Rn 4
Versagungsgründe der automatischen Anerkennung sieht das Gesetz in Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 vor (dazu Rn. 15 ff.). Das deutsche Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob Versagungsgründe eingreifen.
Rn 5
Voraussetzung für die Anerkennung eines ausländischen Verfahrens ist, dass es sich bei dem ausländischen Verfahren um ein Insolvenzverfahren handelt und kein Versagungsgrund vorliegt. Notwendige "Anerkennungsvoraussetzung" des Eröffnungsbeschlusses in Deutschland ist, dass der Hoheitsakt im Eröffnungsstaat nach der lex fori concursus wirksam geworden ist. Entfaltet die ausländische Entscheidung im Eröffnungsstaat keine Wirkungen, so läuft die Anerkennung im Inland mangels Rechtswirkungen im Eröffnungsstaat ins Leere, da eine ausländische Entscheidung im Inland lediglich die prozessualen Wirkungen entfalten kann, die ihr im Eröffnungsstaat zukommen. Die Rechtskraft der Entscheidung ist jedoch keine Anerkennungsvoraussetzung.
Rn 6
Die Insolvenzordnung gibt darüber hinausgehende Voraussetzungen nicht vor. Insbesondere ist eine Verbürgung der Gegenseitigkeit (vgl. § 328 ZPO hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Urteile) nicht erforderlich.
Rn 7
Die Anerkennung der ausländischen Eröffnungsentscheidung erfolgt automatisch, also ohne ein besonderes Anerkennungsverfahren oder einen eigenen Anerkennungstitel. Dahinter steht der Gedanke, dass die Insolvenzmasse lückenlos geschützt werden muss. Das Prinzip der automatischen Anerkennung schließt es nicht aus, dass die Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Insolvenzverfahrens zum Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gemacht werden kann, etwa durch Inzidentanerkennung in Leistungsklagen oder durch Klage auf Feststellung der Anerkennungsfähigkeit.
2. Wirkungen der Anerkennung im Inland
Rn 8
Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung hat zur Folge, dass die Wirkungen des ausländischen Insolvenzverfahrens auch im Inland eintreten, vgl. § 335. Das Vermögen des Schuldners im Inland ist als Teil der (ausländischen) Insolvenzmasse zu behandeln. Der Umfang des Insolvenzbeschlags, insbesondere im Hinblick auf das insolvenzfreie Vermögen, richtet sich nach der ausländischen lex fori concursus.
Rn 9
Für die Frage, welche Vermögenswerte als unpfändbar zu qualifizieren sind, gilt das Vollstreckungsstatut (lex fori executionis). Die Pfändbarkeit ist keine Frage des Insolvenzrechts, sondern des Einzelzwangsvollstreckungsrechts, so dass sie sich nach dem Recht des Staates richtet, in dem das Vermögen belegen ist (lex rei sitae).
Rn 10
Die Befugnisse und die Rechtsstellung des ausländischen Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren richten sich nach der lex fori concursus. Das birgt eine gewisse Rechtsunsicherheit in sich, da es im Rechtsverkehr nich...