§ 349 Verfügungen über unbewegliche Gegenstände
(1) Hat der Schuldner über einen Gegenstand der Insolvenzmasse, der im Inland im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, oder über ein Recht an einem solchen Gegenstand verfügt, so sind die §§ 878, 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen anzuwenden.
(2) Ist zur Sicherung eines Anspruchs im Inland eine Vormerkung im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, so bleibt § 106 unberührt.
Bisherige gesetzliche Regelungen: Art. 102 EGInsO
1. Regelungsbereich
Rn 1
Das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen unterliegen im Grundsatz der lex fori concursus, § 335. Aus Gründen des Verkehrschutzes enthält § 349 eine Sonderanknüpfung dahingehend, dass bei Verfügungen über Gegenstände, die im Inland im Grundbuch oder in einem anderen Register eingetragen sind, das inländische Recht zur Anwendung kommt. Die Ausnahme von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Rechts des Eröffnungsstaates ist geboten, weil unbewegliche Gegenstände wesentlich vom Recht des Belegenheitsortes geprägt sind.
Rn 2
§ 349 enthält vor diesem Hintergrund Vorschriften zum Schutz des Erwerbers und normiert einen insolvenzfesten Gutglaubensschutz. Eine ähnliche Regelung sieht Art. 14 EuInsVO vor.
Rn 3
Ist der Erwerber gutgläubig, so kann dies unter den Voraussetzungen des § 349 dazu führen, dass die Beschlagnahmewirkung des ausländischen Insolvenzverfahrens auf inländisches Vermögen ausgeschlossen ist. Die Masse des ausländischen Verfahrens wird verkürzt.
Rn 4
Es erfolgt kein allgemeiner Verweis auf die lex rei sitae (bei Belegenheit der Immobilie in Deutschland also auf das deutsche Recht), sondern es wird in § 349 Abs. 1 explizit angeordnet, dass die Regelungen in §§ 878, 892, 893 BGB anwendbar sind. Gleiches gilt für § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen.
2. Verfügung über unbewegliche Gegenstände
Rn 5
Der Schuldner muss über einen unbeweglichen Gegenstand verfügt haben, der zur Masse des ausländischen Verfahrens gehört. § 349 meint im Grundbuch eingetragene Grundstücke und im Schiffsregister eingetragene Schiffe. Weiter werden Rechte an einem Grundstück, an einem Schiff oder an einem Luftfahrzeug erfasst.
Rn 6
Unter Verfügung ist nicht nur die Übertragung des Eigentums an dem unbeweglichen Gegenstand zu verstehen, sondern auch dessen Belastung.
Rn 7
Ob die unbeweglichen Gegenstände zur Masse des ausländischen Verfahrens gehören, bestimmt sich nach der lex fori concursus.
Rn 8
Bei dem ausländischen Verfahren muss es sich um ein eröffnetes Hauptverfahren handeln. Nur einem eröffneten Hauptverfahren kommt universelle Wirkung zu, so dass der Zugriff auf unbewegliche Gegenstände in einem anderen Staat als dem Staat der Verfahrenseröffnung realisiert werden kann.
Rn 9
In zeitlicher Hinsicht erfolgt die Verfügung des Schuldners in der Regel nach der Eröffnung des ausländischen Hauptverfahrens. Der Verweis auf § 878 BGB, der eine Regelung für den Fall trifft, dass nach Einigung über den Rechtserwerb und Eingang des Antrags auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt eine Verfügungsbeschränkung eintritt, zeigt, dass die Rechtshandlung des Schuldners aber auch vor der Eröffnung des ausländischen Verfahrens liegen kann.