Gesetzestext
1Aus einer Entscheidung, die in dem ausländischen Insolvenzverfahren ergeht, findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn ihre Zulässigkeit durch ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist. 2§ 722 Abs. 2 und § 723 Abs. 1 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(2) Für die in § 343 Abs. 2 genannten Sicherungsmaßnahmen gilt Absatz 1 entsprechend.
1. Überblick
Rn 1
§ 353 regelt die Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen, die im Rahmen eines ausländischen Insolvenzverfahrens, das bereits gemäß § 343 anerkannt wurde, ergehen. Zweck dieser Norm ist der Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen im Inland, die mit Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar sind (ordre public).
Rn 2
§ 353 weicht von der Parallelnorm der EuInsVO, Art. 25, deutlich ab: Gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO richtet sich die Vollstreckbarkeit der Entscheidungen, die zur Durchführung und Beendigung eines Insolvenzverfahrens ergehen, nach den Art. 31 bis 51 (mit Ausnahme von Art. 34 Abs. 2) EuGVÜ. Seit dem Inkrafttreten der EuGVVO im Jahre 2002 sind nunmehr die Art. 38 bis 52 EuGVVO (mit Ausnahme von Art. 45 Abs. 1 EuGVVO) anwendbar. Die EuInsVO sieht ein vereinfachtes Exequaturverfahren vor, wobei die einzigen Gründe zur Vollstreckungsablehnung Art. 25 Abs. 3 und Art. 26 EuInsVO darstellen. Ein solches vereinfachtes Exequaturverfahren wäre gegenüber Drittstaaten nicht gerechtfertigt, da nichteuropäische Rechtsordnungen womöglich allzu sehr von deutschen Verfahrensprinzipien abweichen; die gegenseitigen Beziehungen können deshalb nicht auf dem Grundsatz des Gemeinschaftsvertrauens beruhen. Aus diesem Grund fordert § 353 Abs. 1 ein echtes Vollstreckungsurteil.
Rn 3
§ 353 Abs. 2 erweitert den Anwendungsbereich des ersten Absatzes auf die in § 343 Abs. 2 genannten Sicherungsmaßnahmen.
2. Betroffene Entscheidungen
Rn 4
§ 353 ist auf Entscheidungen anwendbar, die im Rahmen eines ausländischen Insolvenzverfahrens ergehen. Die Entscheidungen müssen nach der lex fori concursus einen vollstreckbaren Titel darstellen. Damit werden insbesondere erfasst:
- die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sofern sie vollstreckbare Elemente beinhaltet;
- Sicherungsmaßnahmen: Nach § 353 Abs. 2 gilt für die in § 343 Abs. 2 genannten Sicherungsmaßnahmen Abs. 1 entsprechend. Hierbei handelt es sich um Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen werden;
- Entscheidungen des ausländischen Insolvenzgerichts über die Auskunftserteilung, die Verfahrensmitwirkung, die Vorführung oder Verhaftung von Verfahrensbeteiligten;
- Entscheidungen über die Feststellung bestrittener Forderungen im Insolvenzverfahren;
- die Entscheidung über die gerichtliche Bestätigung eines Insolvenzplans.
3. Vollstreckungsurteil
Rn 5
Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens muss das Gericht zunächst prüfen, ob ein in Deutschland anerkanntes Insolvenzverfahren nach § 343 vorliegt. Örtlich zuständig zum Erlass des Vollstreckungsurteils ist gemäß § 353 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 722 Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO das Gericht am Schuldnerwohnsitz, im Übrigen gemäß § 353 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 722 Abs. 2 Halbsatz 2, § 23 ZPO am Ort der Vermögensbelegenheit.
Rn 6
Nicht notwendig ist indes, dass die ausländische Entscheidung rechtskräftig ist, weil § 723 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar ist. Ebenso wenig kommt es auf die materielle Rechtsmäßigkeit der Entscheidung an: Das inländische Gericht darf keine Nachprüfung in der Sache vornehmen (Verbot der révision au fond), wie es der Verweis auf § 723 Abs. 1 ZPO deutlich macht. Es ist lediglich zu prüfen, ob die Entscheidung von einem international zuständigen Gericht getroffen wurde und ob sie gegen den deutschen ordre public verstößt.