2.2.1 Insolvenz des Bürgen
Rn 9
Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bürgen ist § 43 ohne weiteres anwendbar, wenn es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft (§ 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder die Bürgschaft eines Kaufmanns (§ 349 HGB) handelt, so dass der Gläubiger seine volle Forderung anmelden kann, ohne vorher den Hauptschuldner in Anspruch nehmen zu müssen. Mehrere Bürgen haften nach § 769 BGB als Gesamtschuldner, so dass § 43 in jedem Insolvenzfall weiterer Bürgen anwendbar ist. Hinsichtlich des Problems unterschiedlicher Haftungshöhen wird auf die Ausführungen zu Rn. 6 ff. verwiesen.
Rn 10
Steht dem Bürgen dagegen die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) zu, kann der Gläubiger seine Forderung nur als aufschiebend bedingte Forderung und auch nur in Höhe des Ausfalls geltend machen, weil materiell-rechtlich ein Stufenverhältnis besteht.
Rn 11
Ist bzw. wird aber auch der Hauptschuldner insolvent, fällt für den Bürgen nach § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB die Einrede der Vorausklage weg und § 43 kommt zur Anwendung; der Gläubiger kann somit Hauptschuldner und Bürgen in voller Höhe in Anspruch nehmen. Erst mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners lebt die Einrede der Vorausklage wieder auf.
Rn 12
Bei einer Bürgschaft für den Ausfall, die auch ein kaufmännischer Bürge übernehmen kann, besteht ebenso wie bei der Einrede der Vorausklage ein Stufenverhältnis, so dass im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bürgen die Forderung aus der Bürgschaft jedenfalls bei fortbestehender Solvenz des Hauptschuldners nur als aufschiebend bedingte Forderung angemeldet werden kann.
Rn 13
Ein Schuldbeitritt (auch sog. kumulative Schuldübernahme) steht der Bürgschaft ebenso gleich wie eine Regresshaftung aus Wertpapieren.
2.2.2 Insolvenz des Hauptschuldners
Rn 14
Im Fall der alleinigen Insolvenz des Hauptschuldners ist wegen § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 349 HGB die Einrede der Vorausklage des Bürgen ausgeschlossen. Wenn insoweit keine reine Ausfallbürgschaft vereinbart ist, greift § 43, so dass der Gläubiger selbst bei teilweiser Befriedigung durch den Bürgen weiterhin in voller Forderungshöhe am Verfahren und einer etwaigen Verteilung berücksichtigt wird. Hinsichtlich des auf den Bürgen gesetzlich übergehenden Regressanspruchs gilt § 44.
Rn 15
Bei einer lediglich vereinbarten Ausfallbürgschaft kann der Bürge vom Gläubiger erst nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners in Anspruch genommen werden. § 43 gilt grundsätzlich nicht. Nur dann, wenn sich vor Abschluss des Insolvenzverfahrens ein Mindestausfall nachweisen lässt, kann ausnahmsweise bereits vor der Beendigung des Insolvenzverfahrens die Bürgschaft gezogen werden.