Rn 27
Gegenstand der Aussonderung können dingliche aber auch schuldrechtliche Ansprüche gegen Dritte sein. Dies ergibt sich aus dem unmissverständlichen Wortlaut des § 47 Satz 1 2. Alt. Jedoch können schuldrechtliche Aussonderungsansprüche vertraglich nicht geschaffen werden. Eine Vereinbarung, wonach im Falle einer Insolvenz ein bestimmter Gegenstand bzw. ein bestimmtes Recht aussonderungsfähig sein soll, ist ohne Bedeutung.
3.2.1 Anfechtungsanspruch
Rn 28
Betreibt ein Dritter bzw. ein dritter Insolvenzverwalter gegen den Schuldner die zivilrechtliche Anfechtung nach §§ 11 AnfG oder die insolvenzrechtliche Anfechtung nach § 143 kann der entsprechende Gegenstand aus der Insolvenzmasse ausgesondert werden. Dies war lange umstritten. Nach der schuldrechtlichen Theorie verschaffte der Anspruch lediglich eine Insolvenzforderung. Die dingliche und die haftungsrechtliche Theorie gewährte einen Aussonderungsanspruch. Teleologisch verfolgt sowohl die Insolvenzanfechtung als auch die rein zivilrechtliche Anfechtung das Ziel, das in anfechtbarer Art und Weise geschmälerte Schuldnervermögen wiederherzustellen, um eine Haftungsmasse zu sichern. Daher hat der BGH zumindest für den Fall der Insolvenzanfechtung den Aussonderungsanspruch anerkannt. Diese Rechtsprechung dürfte auf den rein zivilrechtlichen Anfechtungsanspruch nach § 11 AnfG übertragbar sein, weil die Zielrichtung die gleiche wie beim insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch ist. Ist der Gegenstand veräußert, kommt gegenüber dem Dritten ein Anspruch auf Ersatzaussonderung am erlangten Erlös in Frage.
3.2.2 Factoring
Rn 29
Beim Factoring ist zwischen dem sogenannten echten Factoring und dem unechten Factoring zu unterscheiden. Beim echten Factoring tritt der Forderungsinhaber seine Forderung im vollen Umfang an den Factor ab, der im Gegenzug hierfür eine Vergütung bezahlt. Das Risiko, dass eine Forderung ausfällt, trägt beim echten Factoring der Factor. Ist für den Fall, dass ein Forderung uneinbringlich ist, eine Rückabtretung vereinbart, spricht man vom unechten Factoring.
Rn 30
In der Insolvenz des Veräußerers gilt: Beim echten Factoring ist der Factor wirtschaftlich Eigentümer der Forderung und kann sie dementsprechend aussondern. Das unechte Factoring entspricht bei wirtschaftlicher Betrachtung eher einem Sicherungsgeschäft, bei dem der Factor ein Darlehen gewährt und dies über die abgetretenen Forderungen besichert. In diesem Fall hat der Factor lediglich ein Absonderungsrecht.
Rn 31
In der Insolvenz des Factors steht beim echten Factoring dem Veräußerer grundsätzlich kein Aussonderungsrecht zu. Lediglich wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt, entsteht ein solches Recht. Beim unechten Factoring kann der Kunde die Forderung aussondern, wenn er einen erhaltenen Vorschuss zur Insolvenzmasse zurückzahlt.
3.2.3 Direktversicherungen
Rn 32
Häufig schließt der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer bzw. sonstigen dienstvertraglich Verbundenen eine Direktversicherung ab. Ob ein Aussonderungsrecht an dieser Direktversicherung besteht, richtet sich nach dem Versicherungsvertrag. Ist in diesem ein unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart, besteht für den Dritten ein Aussonderungsrecht. Ist das Bezugsrecht widerruflich, kann der Insolvenzverwalter, vom Ausnahmefall einer nach § 168 Abs. 3 VVG pfändungsgeschützten Lebensversicherung abgesehen, das Bezugsrecht widerrufen, den Vertrag kündigen und den Rückkaufswert zur Insolvenzmasse ziehen. Vielfach sind die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zusätzlich an den Dritten verpfändet. Dies berechtigt ihn jedoch lediglich zur abgesonderten Befriedigung. Häufig besteht auch ein eingeschränkt widerrufliches Bezugsrecht. Die Widerruflichkeit der Bezugsberechtigung ist dabei an gewisse Kriterien (Alters des Arbeitnehmers, Betriebszugehörigkeit etc.) geknüpft. Für den Fall, dass die Bedingungen für einen Widerruf vorliegen, kann der Insolvenzverwalter die Bezugsberechtigung widerrufen und den Versicherungsvertrag kündigen. Ein Aussonderungsrecht besteht dann nicht. Liegen jedoch die Bedingungen für einen Widerruf nicht vor, kann der Dritte die Ansprüche aussondern.
Rn 33
Bloße Versorgungszusagen begründen keinen aussonderungsfähigen Anspruch.
3.2.4 Gemeinschaftskonten
Rn 34
Gemeinschaftskonten können unterschiedlich ausgestaltet sein. Hier kommt es auf die konkret vereinbarte Verfügungsbefugnis an. Wenn beide Kontoinhaber einzeln verfügungsberechtigt sind (Oder-Konto) kann die Bank an denjenigen leisten, der zuerst die Auszahlung verlangt. Der Insolvenzverwalter sollte daher zuerst die Auszahlung verlangen. Ein Aussonderungsrecht des anderen Kontoinhabers besteht in diesem Fall nicht, selbst wen...