Rn 18
Verbindlichkeiten gegenüber der Insolvenzmasse sind bei zulänglicher Insolvenzmasse grundsätzlich ohne Einschränkung gegen die Insolvenzmasse durchsetzbar und verjähren daher nach den allgemeinen Regeln. Mit Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 treten die Verteilungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 und das Vollstreckungsverbot des § 210 ein; dadurch können die Masseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 (Altmasseverbindlichkeiten) nicht mehr gegen die Insolvenzmasse durchgesetzt werden; es entsteht ein Durchsetzungshindernis. Dieses Durchsetzungshindernis wird von der speziellen Haftungsnorm des § 61 Satz 1 flankiert. Diese Rechtsfolgen der Anzeige nach § 208 treten ipso iure ein, so dass durch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine Einwendung gegen die Durchsetzbarkeit der Forderung entsteht.
Rn 19
Diese Einwendung führt richtigerweise zu einer Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung. Die andere Auffassung hätte zur Folge, dass der Gläubiger gezwungen wäre, ausschließlich zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung Rechtsmittel einzulegen, da jedes weitergehende Rechtschutzbegehren des Gläubigers an der Durchsetzung gehindert ist.
Rn 20
Nach Auslegung der Verjährungsvorschriften soll die Verjährung bei Eintritt eines gesetzlichen Durchsetzungshindernisses allgemein gesperrt sein. Sofern der Forderungsinhaber ausschließlich zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung ein Rechtsmittel einlegt, fehlt diesem Rechtsmittel das Rechtschutzbedürfnis; durch einen Hemmungstatbestand tritt das Rechtschutzziel wesentlich einfacher ein.
Nach dem Wortlaut des § 205 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. A maiore ad minus muss das erst recht für ein gesetzliches Durchsetzungshindernis gelten wie es §§ 209 und 210 vermitteln. Diese Auslegung lässt auch die amtliche Überschrift zu, die von einer "Hemmung der Verjährung bei Leistungsverweigerungsrecht" spricht.
Die §§ 205 bis 211 BGB sind Ausdruck des römischen Rechtsgedanken "currit praescriptio": Wenn der Gläubiger sein Recht nicht durchsetzen kann (und damit die Verjährung auch nicht seinerseits hemmen kann) darf die Verjährung nicht gegen ihn laufen. Dabei regelt § 205 BGB abschließend die rechtlichen Durchsetzungshindernisse. Bei Verabschiedung der Norm ging der Gesetzgeber davon aus, dass die gesetzlichen Leistungsverweigerungsrechte vom Gläubiger grundsätzlich überwunden werden können.
Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes gab es nur drei Vorschriften, die eine Verjährungshemmung regelten: § 202 BGB a. F. regelte die Verjährungshemmung aus rechtlichen Gründen, § 203 BGB a. F. regelte die Verjährungshemmung aus tatsächlichen Gründen während § 204 BGB a. F. die Verjährungshemmung aus familiären Gründen regelte. Nach § 202 BGB a. F. war die Verjährung gehemmt, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war. Mit der Neufassung der Norm und einer damit verbundenen Ausdifferenzierung der einzelnen Hemmungstatbestände war jedoch keine Einschränkung der bisherigen Hemmungstatbestände beabsichtigt. Vielmehr wurden einzelne Unterbrechungstatbestände in Hemmungstatbestände umgewandelt. Das alte System der Hemmungstatbestände und insbesondere § 202 BGB a. F. sollte nach der Gesetzesbegründung nicht inhaltlich verändert, sondern nur "entsprechend der geringen Bedeutung der Vorschrift erheblich vereinfacht" werden, damit sie sich weniger für Umgehungsversuche anbietet. Der weite Wortlaut führte dazu, dass der Hemmungstatbestand "aus rechtlichen Gründen" sich weitgehend überschnitt mit anderen, strenger formulierten Verjährungsvorschriften und dahinter zurücktrat. Hauptanwendungsbereich der früheren Vorschrift waren die vereinbarten Leistungsverweigerungsrechte, so dass die Neufassung sich ausschließlich auf diese bezog. Wie oben dargestellt, war eine echte Einschränkung des Anwendungsbereiches damit nicht beabsichtigt. Die weitgehend erscheinende Veränderung der Norm beruht also im Wesentlichen auf dem für gering gehaltenen Anwendungsbereich und nicht auf einer absichtlichen Einschränkung des Anwendungsbereichs auf vertragliche Leistungsverweigerungsrechte.