Rn 11
§ 53 differenziert zwischen "Kosten des Insolvenzverfahrens" und "sonstigen Masseverbindlichkeiten". Während die Kosten des Insolvenzverfahrens in § 54 abschließend normiert sind, gibt es außer der Regelung in § 55 noch weitere Vorschriften, die Verbindlichkeiten zu Masseverbindlichkeiten erheben. Die amtliche Überschrift zu § 55 ("sonstige" Masseverbindlichkeiten) ist insoweit missverständlich als sie suggeriert, dass diese Vorschrift alle übrigen Masseverbindlichkeiten regelt und damit eine abschließende Normierung von Masseverbindlichkeiten in dieser Vorschrift.
Begrifflich ist bei den sonstigen Masseverbindlichkeiten weiter zu differenzieren zwischen gewillkürten und aufgedrängten (oktroyierten) Masseverbindlichkeiten.
Rn 12
Folgende weitere Vorschriften qualifizieren Forderungen als "sonstige" Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 53:
§§ 100, 101 (Unterhaltsansprüche); §§ 115 Abs. 2 Satz 3, 118 (Notgeschäftsführung) § 123 Abs. 2 Satz 1 (Verbindlichkeiten aus Sozialplan), § 163 Abs. 2 (Kosten des Antragstellers bei Betriebsveräußerung unter Wert), §§ 169 Satz 1, 172 Abs. 1 (Nebenrechte absonderungsberechtigter Gläubiger bei Weiternutzung des Absonderungsgegenstandes), § 183 Abs. 3 (Kosten eines Feststellungsrechtsstreites) sowie § 324 (Ansprüche im Rahmen der Nachlassverwaltung).
Verbindlichkeiten, die der Schuldner aufgrund einer Anordnung nach § 270 b Abs. 3 begründet oder die der Schuldner nach Einzelermächtigung im sogenannten vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren eingeht, sind ebenfalls "sonstige" Masseverbindlichkeiten.
Rn 13
Der Katalog der gesetzlich normierten Masseverbindlichkeiten ist abschließend; Masseverbindlichkeiten sind grundsätzlich weder durch richterliche Rechtsfortbildung noch im Wege der Auslegung auf andere Ansprüche erweiterbar. Vertragliche Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner über die Einordnung einer Verbindlichkeit als Masseverbindlichkeit sind nach dem Zweck der Vorschrift unwirksam.
Rn 14
Solange die Insolvenzmasse ausreicht, alle Masseverbindlichkeiten zu decken, gibt es keine Rangfolge zwischen den verschiedenen Arten von Masseverbindlichkeiten. Erst wenn die Insolvenzmasse dafür nicht mehr ausreicht und dieser Umstand dem Insolvenzgericht nach § 208 Abs. 1 angezeigt wurde, greift die in § 209 normierte Verteilungsreihenfolge mit Abstufungen der einzelnen Arten von Masseverbindlichkeiten. Dabei wird in den unterschiedlichen Rangklassen differenziert zwischen vorrangig zu befriedigenden Verfahrenskosten, sekundär zu befriedigenden sogenannten Neumasseverbindlichkeiten und letztrangig zu befriedigenden sogenannten Altmasseverbindlichkeiten.