Rn 14
Sieht das Gericht von einer Beteiligung des vorläufigen Ausschusses vor Bestellung des Verwalters ab, steht dem vorläufigen Gläubigerausschuss nunmehr ein frühzeitiges Neuwahlrecht zu. Damit wird nach dem Willen des Gesetzgebers die ansonsten frühestens in der ersten Gläubigerversammlung zur Verfügung stehende Möglichkeit zur Neuwahl eines Verwalters vorgezogen. Über die Verweisung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 gilt diese Mitwirkungsmöglichkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses nicht nur bei Auswahl und Ernennung des Insolvenzverwalters unmittelbar vor Eröffnung des Verfahrens, sondern bereits in einem frühen Stadium des Eröffnungsverfahrens unmittelbar nach Bestellung eines vorläufigen Verwalters. Damit soll der Überlegung Rechnung getragen werden, dass die Gläubiger frühzeitig die Möglichkeit haben sollen, auf die Person des Verwalters Einfluss zu nehmen, so lange der weitere Verfahrensablauf noch gestaltet werden kann, d. h. meist eben im Eröffnungsverfahren. Vor diesem Hintergrund erlangt Abs. 3 also im Eröffnungsverfahren seine wesentliche Bedeutung, weil im späteren Zeitpunkt der Eröffnung die Person des Verwalters meist keine Rolle mehr spielen wird, das schon aus Praktikabilitätsgründen meist der vorläufige Verwalter auch zum späteren Insolvenzverwalter ernannt wird, wenn er sich nicht zuvor als völlig ungeeignet erwiesen hat.
Rn 15
Im Übrigen nimmt Abs. 3 Bezug auf die in Abs. 1 geregelte Ausnahme, unter deren Voraussetzungen das Insolvenzgericht berechtigt war, von einer Beteiligung des vorläufigen Ausschusses abzusehen. Dies ist dann der Fall, wenn eine vorherige Mitwirkung des vorläufigen Gläubigerausschusses offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners geführt hätte. Für die Anwendbarkeit des Abs. 3 kommt es aber nicht darauf an, ob tatsächlich durch die Wahrung der Mitwirkungsrechte nachteilige Folgen für das Schuldnervermögen entstanden wären. Entscheidend ist lediglich, dass das Gericht einen bereits ordnungsgemäß konstituierten vorläufigen Gläubigerausschuss nicht nach Abs. 1 angehört und sofort einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter ernannt hat. Ein solch unterstellt regelkonformes Vorgehen setzt auch ohne ausdrückliche Begründung, die in einem Beschluss nach §§ 21 Abs. 2, 27 abgesehen von dem Fall des Abs. 2 ohnehin nicht vorgesehen ist, zwingend das offensichtliche Vorliegen der Gefahr einer nachteiligen Veränderung des Schuldnervermögens voraus, so dass die Voraussetzungen des Abs. 1 schon wegen des Vorgehens des Gerichts zwangsläufig erfüllt sein müssen.
Fraglich und umstritten ist, ob die Regelung des Abs. 3 über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus auch auf andere Fälle mangelnder Gläubigerbeteiligung ausgeweitet werden kann. Es wurde oben bereits dargestellt, dass bei einer Abweichung des Gerichts von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Ausschusses nach Abs. 2 nur die Möglichkeit einer Neuwahl des Verwalters nach § 57 InsO bleibt. Eine entsprechende Anwendbarkeit des Abs. 3 auf diesen Fall kommt daher nicht in Betracht, da nach den mit der Neuregelung durch den Gesetzgeber verfolgten Intentionen die Gläubigerbeteiligung vor Auswahl und Ernennung eines Verwalters ja stattgefunden hat. Das Gericht hat sich lediglich – möglicherweise gesetzeswidrig – nicht an dem einstimmig artikulierten Willen der Gläubigervertreter orientiert.
Rn 16
Ganz anders ist aber der Fall zu beurteilen, wenn eine solche Gläubigermitwirkung nicht nur nach der Ausnahmeregel des Abs. 1, sondern z. B. nach § 22a Abs. 3 unterbleibt. In diesem Fall sieht das Gericht wegen einer drohenden Gefahr einer nachteiligen Veränderung des Schuldnervermögens bereits von der Bestellung eines vorläufigen Ausschusses ab und ernennt dann ohne Gläubigerbeteiligung den (vorläufigen) Verwalter. In diesem Fall muss nach den mit der Neuregelung verfolgten Regelungszielen des Gesetzgebers ebenfalls ein vorgezogenes Neuwahlrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses in analoger Anwendung des Abs. 3 bestehen, wenn der vorläufige Ausschuss denn nach der Bestellungsentscheidung gebildet wurde. Sieht ein Gericht wegen seiner gesetzlichen Eilzuständigkeit bereits von der Bildung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ab und ernennt einen Verwalter ohne Gläubigermitwirkung, dann muss die Neuwahlmöglichkeit erst recht zur Verfügung stehen, wenn dies nach Abs. 3 schon in dem Fall zugestanden wird, in dem ein vorläufiger Ausschuss zwar anhörungsbereit vorhanden ist, aber wegen Gefahr im Verzug nicht beteiligt wird.
Dies gilt allerdings nur, wenn die Einsetzung des vorläufigen Ausschusses nach § 22a Abs. 3 wegen einer Gefährdung des Schuldnervermögens unterblieben ist. In den anderen dort genannten Fällen scheidet die nachträgliche Bildung eines vorläufigen Ausschusses ohnehin aus.
Rn 17
Zurückhaltung erscheint auch im Falle eines fakultativ vorläufigen Ausschusses nach § 22a Abs. 2 angebracht. Hier liegt es in der Hand der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der interessierten Gläubiger, rechtzeitig für d...