Rn 2

Eine Abwahl des vorläufig vom Insolvenzgericht bestimmten Verwalters und die damit zwangsläufig verbundene Neuwahl eines anderen Verwalters[3] kann nur in der ersten Gläubigerversammlung stattfinden, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt. Dies wird in aller Regel der nach der Insolvenzordnung vorgesehene Berichtstermin sein.

Denkbar ist auch, dass das Amt des bisherigen Verwalters durch Entlassung oder Tod endet und vom Gericht zunächst ein neuer Verwalter bestellt wird. Auch das Amt dieses Verwalters dürfte als vorläufig zu bezeichnen sein. Unter Heranziehung des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 57 steht den Gläubigern in der dann auf die Ernennung dieses Verwalters folgenden ersten Gläubigerversammlung ebenfalls das entsprechende Wahlrecht zu.[4]

 

Rn 3

Wurde dagegen in der ersten Gläubigerversammlung der Verwalter bestätigt, besteht in darauffolgenden Versammlungsterminen für die Gläubiger keine Möglichkeit mehr zur Abwahl.[5] Eine Entfernung des Verwalters aus dem Amt kann dann nur noch auf dem Weg des § 59 erreicht werden. Das Wahlrecht der Gläubigerversammlung ist in diesem Fall erloschen.[6]

 

Rn 4

Mit Wirkung ab 1.12.2001 ist für einen entsprechenden Neuwahlbeschluss der Gläubigerversammlung abweichend von § 76 Abs. 2 eine kombinierte Summen- und Kopfmehrheit der abstimmenden Gläubiger erforderlich. Für die dazu erforderliche Ermittlung der Summenmehrheit gelten nach wie vor die zu § 76 Abs. 2 entwickelten Grundsätze. Auch die vom Insolvenzgericht in der Gläubigerversammlung zu ermittelnde Kopfmehrheit ist aus der insgesamt im Versammlungstermin abstimmenden (nicht nur anwesenden) Gläubigerzahl zu ermitteln. Ist eine von beiden kumulativ erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht worden, ist die Neuwahl eines anderen Verwalters nicht erfolgt. Auch in diesem Fall ist das Wahlrecht der Gläubigerversammlung erloschen.

Allerdings können die stimmberechtigten Gläubiger in der ersten Gläubigerversammlung mehrfach und über verschiedene Kandidaten abstimmen, solange keiner gewählt ist.[7] Wird ein neuer Verwalter gewählt, so hat diese Wahl entgegen der in der Vorauflage vertretenen Meinung unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlauts keinen konstitutiven Charakter.[8] Vielmehr beginnt das Amt des Verwalters auch im Falle einer Neuwahl erst mit der Bestellung durch das Insolvenzgericht und der Annahme durch den Verwalter.[9] Mit der Neubestellung des gewählten Verwalters endet das Amt des bisherigen Verwalters. Funktionell zuständig für die Neubestellung ist gemäß § 18 Abs. 1 RPflG der Rechtspfleger, soweit sich diese Entscheidung nicht der Richter vorbehalten hat.[10]

Wie nach dem bisherigen Recht bleiben auch unter der InsO die Rechtshandlungen und Verfügungen des bisherigen Verwalters wirksam (analog § 34 Abs. 3 Satz 2).[11] Vom bisherigen Verwalter eingeleitete Prozesse werden entsprechend § 241 ZPO durch die Abwahl dieses vorläufigen Verwalters unterbrochen.

 

Rn 5

Wegen der eindeutigen Regelung in § 57 Satz 3 und § 6 steht dem abgewählten Verwalter entgegen neueren Tendenzen in der Rechtsprechung zu diesem Problemkreis in der KO[12] auch keinerlei Recht zur Beschwerde zu[13], selbst wenn er zuvor Masseunzulänglichkeit angezeigt hat.[14] Dies gilt auch für den Schuldner selbst. Selbstverständlich behält der bisherige Verwalter seinen bis dahin verdienten Anspruch auf die Verwaltervergütung, der mit Beendigung seines Amtes nach der Abwahl unmittelbar fällig wird.

Selbstredend ist der bisherige Verwalter als Nachwirkung seines Amtes gegenüber dem neu gewählten Verwalter verpflichtet, die zur Einarbeitung und Übernahme der Verfahrensunterlagen notwendigen Auskünfte zu erteilen, Rechnung zu legen und Mitwirkungshandlungen vorzunehmen (zu Zwangsmitteln im Falle der Weigerung vgl. § 58 Rn. 18).[15]

[3] Eine bloße Abwahl des gerichtlich bestellten Verwalters sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor, vielmehr muss es sich um ein konstruktives Misstrauensvotum der Gläubigerschaft handeln. Ein bloßer Abwahlbeschluss der Gläubigerversammlung ohne gleichzeitige Neuwahl oder zumindest einvernehmlichen Vorschlag eines anderen Verwalters dürfte verfahrensrechtlich unzulässig und damit unwirksam sein.
[4] Im Ergebnis so auch Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6, Rn. 108; MünchKomm-Graeber, § 57 Rn. 17 f.
[5] LG Neubrandenburg ZInsO 1999, 300.
[6] Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6, Rn. 108; MünchKomm-Graeber, § 57 Rn. 19.
[7] MünchKomm-Graeber, § 57 Rn. 16.
[9] Kübler/Prütting-Lüke, § 57 Rn. 9; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 57 Rn. 14; MünchKomm-Graeber, § 57 Rn. 36 ff.; für die Wirksamkeit mit Verkündung des Bestellungsbeschlusses Braun-Kind, InsO, § 57 Rn. 20.
[10] Braun-Kind, InsO, § 57 Rn. 14; MünchKomm-Graeber, § 57 Rn.23; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 57 Rn. 14; a.A. Kübler/Prütting-Lüke, § 57 Rn. 9.
[11] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 57 Rn. 21; MünchKomm-Graeber, § 57 Rn. 40.
[12] OLG Karlsruhe WiB 1997, 1194 ff.

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