Rn 2
Es liegt daher zunächst in der ausschließlichen Entscheidungskompetenz der Gläubigerversammlung, darüber zu bestimmen, ob es im Verfahren einen Gläubigerausschuss geben soll oder nicht. Eine solche Entscheidung kann auch während des gesamten Verfahrens getroffen werden, ist also nicht auf die erste Gläubigerversammlung nach Verfahrenseröffnung beschränkt. Gleichwohl wird diese für den weiteren Verfahrensablauf oft maßgebliche Frage i.d.R. im Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 158) entschieden werden. Mit Rücksicht auf die beabsichtigte umfassende Gläubigerautonomie wird man weiter davon ausgehen können, dass auch in einer späteren Gläubigerversammlung diese Entschließung jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann. So wird beispielsweise die Gläubigerversammlung auch das Recht haben, sich zu einem späteren Zeitpunkt gegen die Beibehaltung eines im Berichtstermin bestätigten und zuvor vom Gericht vorläufig bestellten Gläubigerausschusses zu entscheiden, obwohl der Wortlaut des Abs. 1 Satz 2 zunächst dagegen zu sprechen scheint. Jedoch enthält Abs. 1 anders als beispielsweise § 57 insgesamt keine zeitliche Beschränkung, so dass unter Berücksichtigung der möglichst umfassenden Gläubigerautonomie eine Entscheidung über das Ob eines Gläubigerausschusses während des gesamten Verfahrens möglich sein muss.
Hat also das Insolvenzgericht bei Verfahrenseröffnung die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses gemäß § 67 Abs. 1 nicht für zweckmäßig oder notwendig gehalten, so kann eine Gläubigerversammlung nach Abs. 1 Satz 1 völlig unabhängig davon über die nachträgliche Einsetzung eines Ausschusses entscheiden. Umgekehrt kann sie völlig unabhängig von der zuvor vom Insolvenzgericht getroffenen Ermessensentscheidung beschließen, ob der nach § 67 gerichtlich eingesetzte Gläubigerausschuss beibehalten werden soll oder nicht.
Rn 3
Dabei richtet sich die Beschlussfassung nach den allgemein für Beschlüsse einer Gläubigerversammlung geltenden Vorschriften der § 76, 77. Danach kommt gemäß § 76 Abs. 2 ein Beschluss über das Ob eines Gläubigerausschusses mit einer reinen Summenmehrheit der Forderungen der abstimmenden Gläubiger zustande, wobei auch den Absonderungsberechtigen ein Stimmrecht in Höhe ihrer gesamten Forderung zukommt, soweit nicht die Beschränkung in § 76 Abs. 2 2. Halbsatz anzuwenden ist. Für die Feststellung des Stimmrechts kommt vollumfänglich § 77 zur Anwendung, so dass gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 nachrangige Gläubiger und gemäß § 77 Abs. 2 Gläubiger mit bestrittenen Forderungen nicht stimmberechtigt sind. Nach der eindeutigen Regelung des § 76 Abs. 2 kommt daher bei Stimmengleichheit auch ein Beschluss über das Ob eines Gläubigerausschusses nicht zustande.
Rn 4
Da das noch im RegE InsO vorgesehene besondere gerichtliche Überprüfungsrecht nicht Gesetz geworden ist, bedürfen Beschlüsse der Gläubigerversammlung zum Gläubigerausschuss keiner gerichtlichen Bestätigung oder eines weiteren Gerichtsbeschlusses. Das Gericht ist vielmehr auf eine bloße Überwachung beschränkt, die ihre Grenze in den §§ 70, 78 findet. Hinsichtlich des Ob eines Gläubigerausschusses bleibt nur die Anwendbarkeit des § 78 übrig. Danach kann das Gericht einen entsprechenden Gläubigerversammlungsbeschluss auf Antrag aufheben, wenn die Entscheidung der Gläubigerversammlung über die Bestellung eines Gläubigerausschusses dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger widerspricht. § 78 ist auch auf Wahlentscheidungen der Gläubigerversammlung anwendbar, soweit diese – wie hier – im Beschlusswege getroffen werden. Es sind Fälle denkbar, in denen einzelne Gläubiger die Gläubigerversammlung aufgrund ihrer Stimmenmehrheit majorisieren und sachfremde Zwecke verfolgen. Setzt ein solcher Gläubiger einen Gläubigerausschuss durch, um Druck auf den Verwalter auszuüben oder eine ohnehin begrenzte Masse weiter mit Vergütungsansprüchen auszuhöhlen, widerspricht ein solches Vorgehen dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger. Gleiches gilt, wenn auf diese Weise eine völlig ungeeignete Person in den Gläubigerausschuss gewählt werden soll. Als Beispiele dafür sind Fälle denkbar, in denen aufgrund der meist weitaus überwiegenden Stimmrechte insbesondere die Absonderungsgläubiger zum Zwecke einer "einvernehmlichen" Zusammenarbeit mit dem Verwalter zu Lasten der übrigen am Verfahren beteiligten Gläubigergruppen auf einen nach den Verfahrensbesonderheiten ansonsten dringend notwendigen Gläubigerausschuss als Kontrollgremium verzichten. Andererseits sind Fälle denkbar, in denen lediglich von einzelnen, beherrschenden Großgläubigern formal die Einsetzung eines Gläubigerausschusses beschlossen wird, um dadurch auf einen unbequemen Verwalter Druck auszuüben und diesen zur Verwirklichung ihrer Eigeninteressen zu disziplinieren. Wegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers zur Stärkung der Gläubigerautonomie sollte das Gericht dennoch Zurückhaltung üben und nur in wirklich krassen Fällen eingreifen. Insbesondere darf nicht der im Gesetzgebungsverfa...