Rn 14

Mit der Einberufung der Gläubigerversammlung ist deren Zeitpunkt, der Versammlungsort und vor allem die dort abzuhandelnde Tagesordnung nach den in § 9 niedergelegten Grundsätzen öffentlich bekannt zu machen. Dabei ist die Tagesordnung in ausreichend spezifizierter Form in die Bekanntmachung aufzunehmen. Zwar enthält die InsO keine dem § 98 KO entsprechende Vorschrift mehr, die neben der früher in § 93 Abs. 2 enthaltenen öffentlichen Bekanntmachung der Einberufung der Gläubigerversammlung ausdrücklich auch nochmals die öffentliche Bekanntmachung der Tagesordnung regelt, jedoch ist die Tagesordnung zumindest in Abs. 2 als Bekanntmachungsgegenstand explizit genannt. Es müssen also alle in der Gläubigerversammlung vorgesehenen bedeutsamen Entscheidungen in ausreichender Umschreibung bekannt gemacht werden.[9]

 

Rn 15

Die öffentliche Bekanntmachung kann nach Satz 2 des Abs. 2 nur unterbleiben, wenn in einer vorangegangenen Gläubigerversammlung die Verhandlung vertagt wurde. Dies ist nicht unproblematisch, da gerade durch die Bekanntmachung auch der Tagesordnung den Gläubigern die Möglichkeit einer vorherigen Entscheidung über ihre Teilnahme gegeben werden soll. Wird daher in einer zuvor öffentlich bekannt gemachten Gläubigerversammlung eine Vertagung mit neuer Tagesordnung für den nächsten Versammlungstermin beschlossen, wird den nicht anwesenden Gläubigern so eine Entscheidungsmöglichkeit über ihre Mitwirkung am Verfahrensablauf genommen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts und der systematischen Stellung der Regelung innerhalb des § 74 Abs. 2 hat der Gesetzgeber dies aber offenbar in Kauf genommen. Es liegt also grundsätzlich im Risikobereich des Gläubigers, durch seine Nichtteilnahme an einer Gläubigerversammlung keine Kenntnis von einer Vertagung und einer eventuell damit verbundenen erheblichen Erweiterung der Tagesordnung zu haben. Hieraus ergibt sich denn auch, dass im Gegensatz zum bisher geltenden Recht eine Erweiterung oder Reduzierung der bekannt gemachten Tagesordnung nunmehr durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger auch schon im und für den Termin selbst möglich ist.[10] Während bislang nämlich § 93 Abs. 2 KO nur die öffentliche Bekanntmachung der Einberufung einer Gläubigerversammlung im Falle einer Vertagung entbehrlich machte, regelte § 98 KO ausdrücklich, dass in jedem Fall, also auch im Falle einer Vertagung die Tagesordnung öffentlich bekannt gemacht werden musste. Da der Gesetzgeber in § 74 Abs. 2 auf diese Trennung zwischen Einberufung und Tagesordnung verzichtet hat und demnach im Falle einer Vertagung auch auf die öffentliche Bekanntmachung der Tagesordnung für die vertagte Versammlung verzichtet werden kann, muss eine Erweiterung der Tagesordnung bzw. darüber hinausgehende Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung zulässig sein. Es kann hier insoweit keinen Unterschied machen, ob eine Erweiterung der Tagesordnung bzw. darüber hinausgehende Beschlussfassung in einem vertagten Termin stattfindet, von dem der Gläubiger mangels Veröffentlichung im Zweifel keine Kenntnis hatte, oder ob diese in einem Termin erfolgt, zu dem der Gläubiger nach erfolgter Veröffentlichung bewusst nicht erschienen ist. Zudem wird auf diesem Wege eine höhere Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit der Gläubigerversammlung bezüglich solcher Umstände erreicht, die sich ggf. erst in der Gläubigerversammlung ergeben. Letztlich bedeutet dies gegenüber den Regelungen der KO also nichts anderes als eine Stärkung der Gläubigerautonomie, deren Erreichung ausdrücklich vorgegebenes Ziel der InsO ist.

Als Regulativ der Erweiterung der Tagesordnung bzw. darüber hinausgehender Beschlussfassung dient bei besonders bedeutsamen Beschlüssen durch eine Minderheit der anwesenden Gläubiger immer noch § 78 mit der Möglichkeit der Aufhebung des Beschlusses durch das Gericht, soweit er wegen seiner Reichweite und Bedeutung dem gemeinsamen Interesse der durch die Bekanntmachung nicht ordnungsgemäß unterrichteten und vor allem nicht anwesenden Gläubiger widerspricht.

Die Vertagung entspricht auch schon bisher häufig geübter Praxis und schafft die für einen reibungslosen und effektiven Verfahrensablauf erforderliche Flexibilität. Zudem werden durch eine Vertagung die Bekanntmachungskosten eingespart, welche insbesondere bei Großverfahren und den dort nötigen überregionalen Veröffentlichungen beachtliche Ausmaße annehmen können.

Gleichwohl bleibt es dem Gericht natürlich schon nach dem Wortlaut der Regelung des Satzes 2 in Abs. 2 ("kann") unbenommen, auch im Falle einer Vertagung Zeit, Ort sowie Tagesordnung der nächsten Gläubigerversammlung öffentlich bekannt zu machen. Dies dürfte sich zur Vermeidung unnötiger Konfrontationen mit den Gläubigern vor allem dann empfehlen, wenn in der folgenden Gläubigerversammlung bedeutsame und über die zuvor veröffentlichte Tagesordnung weit hinausgehende Beschlusspunkte anstehen und in der vertagten Versammlung nur eine geringe Anzahl oder Minderheit der Gläubiger anwesend war. Die Entscheidung über e...

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