Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 13
Ebenso wie § 81 Abs. 1 Satz 2 enthält auch § 91 Abs. 2 zum Schutz des Rechtsverkehrs im Zusammenhang mit Buch- und Registerrechten Einschränkungen des Erwerbsverbots, wie sie auch schon im ursprünglichen § 15 Satz 2 KO vorgesehen waren. Die Anwendung der Gutglaubensvorschriften zum Grundbuch sowie zu den Schiffs- bzw. Luftfahrzeugregistern wird nur in wenigen Ausnahmefällen von Bedeutung sein, da Abs. 2 insbesondere auch auf § 878 BGB verweist. Liegt eine Verfügung des Schuldners nach Verfahrenseröffnung vor, ist immer § 81 vorrangig gegenüber dem Auffangtatbestand des § 91. Liegen dagegen beim Erwerb von Grundstücksrechten die Voraussetzungen des § 878 BGB vor (Einigung ist gemäß § 873 Abs. 2 BGB bindend geworden, und der Antrag auf Eintragung ist bei dem Grundbuchamt vor Verfahrenseröffnung gestellt worden), so bedarf es keines Rückgriffs mehr auf die Gutglaubensvorschriften, da über § 878 BGB die Notwendigkeit des Vorliegens der Verfügungsberechtigung des Schuldners bei Vollendung des Rechtserwerbs auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Grundbuchamt vorverlagert und damit ein gesicherter Rechtserwerb zu diesem Zeitpunkt fingiert wird. Gleiches gilt für die Aufhebung eines Grundstücksrechts oder sonstige Rechtsänderungen nach §§ 875, 877 BGB. Die Regeln über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs (§§ 892, 893 BGB) bleiben aber z.B. anwendbar, wenn die Einigung gemäß § 873 BGB vor Verfahrenseröffnung erklärt und dem Erwerber vom Schuldner eine Eintragungsbewilligung ausgehändigt wurde, der Erwerber aber erst später in Unkenntnis der Eröffnung den Eintragungsantrag stellt und dieser vor dem Antrag auf Eintragung der Verfahrenseröffnung gemäß § 32 Abs. 2 beim Grundbuchamt eingeht (andernfalls § 17 GBO, s.o. § 81 Rn. 11).
Rn 14
Um sich bei Erwerb von Grundstücksrechten vom Schuldner im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Verfahrenseröffnung nach § 878 BGB zu sichern, bedarf es keines Antrags des Erwerbers, vielmehr genügt ein zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung beim Grundbuchamt noch anhängiger Eintragungsantrag des Schuldners. Dies folgt schon daraus, dass § 878 BGB seine Schutzwirkung nicht auf einen Eintragungsantrag des Erwerbers beschränkt, und zum anderen daraus, dass in der Begründung zum späteren § 878 BGB allein darauf abgestellt wird, die Parteien hätten bereits alles getan, was ihrerseits zur Herbeiführung der Rechtsänderung erforderlich ist – eine Voraussetzung, die auch erfüllt ist, wenn nur der Verfügende den Eintragungsantrag gestellt hat. Freilich kann der Schuldner seinen Eintragungsantrag noch vor Verfahrenseröffnung zurücknehmen, und nach verbreiteter Auffassung kann sogar der Insolvenzverwalter einen vom späteren Insolvenzschuldner gestellten Antrag nach Verfahrenseröffnung noch zurücknehmen, so dass der Erwerber in diesem Fall mangels vorliegender Voraussetzungen des § 878 BGB wegen § 91 Abs. 1 den Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung nicht mehr vollenden kann. Vollständigen Insolvenzschutz erhält der Erwerber also nur, wenn er selbst einen eigenen bzw. neben dem Schuldner zusätzlichen Eintragungsantrag beim Grundbuchamt stellt.
Rn 15
Selbst bei einem Rechtserwerb über die in § 91 Abs. 2 genannten Schutzvorschriften ist zu beachten, dass dieser nach § 147 unter den dort genannten Voraussetzungen i.V.m. den §§ 129 ff. immer noch anfechtbar sein kann.