Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 10
Wie schon nach § 101 Abs. 2 KO kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach seiner Anhörung in Haft nehmen lassen, wenn die in Nr. 1-3 geregelten Voraussetzungen vorliegen. Dabei dienen die auf der Grundlage von Nr. 1 verhängten Zwangsmittel der Erzwingung einer bestimmten Handlung des Schuldners, wogegen Zwangsmittel nach Nr. 2 und 3 dort näher bestimmte verfahrenswidrige Verhaltensweisen des Schuldners verhindern sollen. Eine Verweigerung i.S.d. § 98 Abs. 2 Nr. 1 liegt nicht nur dann vor, wenn der Schuldner ausdrücklich erklärt, die gewünschte Handlung nicht vorzunehmen, sondern auch bei hartnäckigem Untätigbleiben trotz Aufforderung zur Erteilung einer Auskunft oder zur sonstigen Mitwirkung. Das Gericht kann von Amts wegen die Initiative ergreifen, etwa wenn der Schuldner die Abgabe einer gerichtlich angeordneten eidesstattlichen Versicherung verweigert, oder auf Antrag bzw. Anregung eines Verfahrensbeteiligten, insbesondere des Insolvenzverwalters, tätig werden.
Rn 11
Die Zwangsmittel kommen nach Nr. 1 in Betracht, um den Schuldner zu einer ihm nach § 97 Abs. 1 und den Bezugsvorschriften obliegenden Auskunft anzuhalten. Weigert sich der Schuldner, die eidesstattliche Versicherung nach § 98 Abs. 1 oder § 153 Abs. 2 Satz 1 abzugeben, kann er ebenfalls zwangsweise vorgeführt oder in Haft genommen werden. Diese Zwangsmittel dienen auch dazu, den Schuldner zu einer Mitwirkung nach § 97 Abs. 2 zu veranlassen. Darüber hinausgehende und nicht in Nr. 1 genannte Handlungspflichten des Schuldners können dagegen nicht nach § 98 Abs. 2 erzwungen werden. Insbesondere darf der Schuldner auf diesem Wege nicht zur Herausgabe von in seinem Besitz befindlichen Gegenständen der Insolvenzmasse gezwungen werden. Hierzu ist der Verwalter auf eine Vollstreckung aus dem Insolvenzeröffnungsbeschluss zu verweisen.
Rn 12
Mit der Regelung in Nr. 2 soll verhindert werden, dass sich der Schuldner seinen ihm nach § 97 Abs. 1 bis 3 obliegenden Verpflichtungen entzieht, insbesondere sich unter Verstoß gegen seine Bereitschaftspflicht nach § 97 Abs. 3 an einen unbekannten Aufenthaltsort oder ins Ausland absetzt. Nach dieser Vorschrift kann zudem beispielsweise verhindert werden, dass der Schuldner bei Fortführung seines Unternehmens im Insolvenzverfahren eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt oder Unterlagen beiseite schafft, die zur Unterrichtung über die geschäftlichen Verhältnisse unverzichtbar sind.
Rn 13
Schließlich kann insbesondere das Zwangsmittel der Haftanordnung gegen den Schuldner nach Nr. 3 vor allem zur Sicherung der Insolvenzmasse angewandt werden. Dies ist immer dann angebracht, wenn der Vernichtung von Unterlagen, dem Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen oder der Einziehung von Forderungen durch den Schuldner vorgebeugt werden soll. Generell können damit also alle Handlungen des Schuldners verhindert werden, die zu einer Erschwerung der Sammlung der Insolvenzmasse, vor allem im Zusammenhang mit Auslandsvermögen, führen. Zu beachten ist aber, dass beispielsweise notwendige Mitwirkungshandlungen des Schuldners im Zusammenhang mit Auslandsvermögen nur nach Nr. 1 und nicht nach Nr. 2 und 3 erwirkt werden können.
Rn 14
Als Zwangsmittel steht dem Insolvenzgericht zunächst die Möglichkeit zur Verfügung, den Schuldner zwangsweise vorführen zu lassen. Für das hierbei einzuhaltende Verfahren ist auf die zu § 380 Abs. 2 ZPO entwickelten Grundsätze zu verweisen. Erforderlich ist dafür zunächst ein Vorführungsbeschluss des Insolvenzgerichts, der als Grundlage für einen Vorführungsbefehl bzw. -auftrag an den Gerichtsvollzieher (vgl. § 149 GVGA 2013 = § 191 GVGA a. F.) oder an den Gerichtswachtmeister dient. Leistet der Schuldner Widerstand, so können nach den landesrechtlichen Bestimmungen polizeiliche Vollzugsorgane hinzugezogen werden. Neben Vorführungsbeschluss und -auftrag ist kein separater Durchsuchungsbeschluss notwendig (§ 758a Abs. 2 ZPO analog).
Rn 15
Dagegen ist das Zwangsmittel der Inhaftierung nur nach Anhörung des Schuldners zulässig. Diese kann nach § 10 Abs. 1 nur unterbleiben, wenn sich der Schuldner im Ausland aufhält und die Anhörung das Verfahren übermäßig verzögern würde oder der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist. Unter diesen Umständen soll aber die Gewährung des rechtlichen Gehörs bei Fortfall dieser Hindernisse umgehend nachgeholt oder zumindest ein Vertreter oder Angehöriger des Schuldners gehört werden. In jedem Fall genügt das Gericht – wie schon nach bisherigem Recht – der Anhörungspflicht, wenn der Haftanordnungsbeschluss dem Schuldner zugestellt wird. Ein solches Vorgehen dürfte aber häufig eine nachfolgende tatsächliche Verhaftung des Schuldners gefährden, so dass zweckmäßigerweise die Anhörung nach einer Zwangsvorführung des Schuldners durchgeführt und danach unmittelbar über den Haftbefehl entschieden wird. Im Übrigen richtet sich das Verfahren zur Haft des Schuldners nach § 98 Abs. 3 und den dort genannten Vorschriften.
Rn 16
Generell unterliegen...