Rn 19
Werden steuerliche Pflichten, die nicht die Zahlung von Steuerforderungen betreffen, nicht erfüllt, können diese mit Zwangsmittel und hier insbesondere mit Zwangsgeld gemäß §§ 328 ff. AO durchgesetzt werden. Dabei ist die Festsetzung von Zwangsgeld gegenüber dem Insolvenzverwalter weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft, auch wenn voraussichtlich nicht mit steuerlichen Auswirkungen zu rechnen ist. Hinsichtlich der Steuerschuld können gemäß § 162 AO Schätzungsbescheide erlassen werden, die in der Regel eine höhere Steuer festsetzen als tatsächlich geschuldet.
Rn 20
Die Verletzung von handelsrechtlichen Vorschriften kann gemäß §§ 334, 335 HGB zur Festsetzung von Bußgeld und Ordnungsgeld durch das Bundesamt der Justiz führen.
Adressat der Ordnungswidrigkeitsverfahren gemäß §§ 334, 335 HGB sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der Kapitalgesellschaft oder die Kapitalgesellschaft selbst. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlöschen die Organe der Kapitalgesellschaft nicht. Im Insolvenzverfahren übernimmt zwar der Insolvenzverwalter die Pflichten der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs, jedoch wird er dadurch nicht zum Organ der Gesellschaft, sondern nimmt seine Aufgaben im eigenen Namen, aber mit Wirkung für und gegen den Insolvenzschuldner als Amtsträger wahr. Gegen ihn persönlich kann ein Zwangsgeld nicht festgesetzt werden.
Mit Inkrafttreten des § 335 HGB n.F. zum 1.1.2007 wird die Verletzung der Pflicht zur Offenlegung nicht mehr nur auf Antrag durch das Registergericht, sondern von Amts wegen durch das Bundesamt der Justiz verfolgt. Rechtsmittel gegen den Ordnungsgeldbescheid sind gemäß § 335 Abs. 4 und 5 HGB der Einspruch und bei Nichtabhilfe die sofortige Beschwerde zum zuständigen Landgericht am Sitz des Bundesamts, gegebenenfalls die Kammer für Handelssachen.
Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt. Das Bundesamt der Justiz hat gem. § 1 Abs 2 BfJG seinen Sitz in Bonn, so dass die Kammer für Handelssachen am Landgericht Bonn für Beschwerdeverfahren zuständig ist.
Nachdem das Ordnungsgeldverfahren gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. auch gegen die Kapitalgesellschaft durchgeführt werden kann, hat das Bundesamt der Justiz Ordnungsgeldverfahren gegen insolvente Kapitalgesellschaften zu Händen des Insolvenzverwalters eingeleitet, wenn gegen die Offenlegungsvorschrift verstoßen wurde und die Auffassung vertreten, dass das festgesetzte Ordnungsgeld Masseverbindlichkeit sei.
Das Landgericht Bonn, 1. Kammer für Handelssachen hat klargestellt, dass durch die Möglichkeit, das Ordnungsgeldverfahren auch gegen die Kapitalgesellschaft durchführen zu können, nur sichergestellt werden sollte, dass die Zustellung, die auch in diesem Fall an die gesetzlichen Vertreter zu erfolgen hat, stets am Geschäftssitz erfolgen kann und eine Zustellung am Sitz des Insolvenzverwalters die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs nicht ordnungsgemäß beteiligt und damit der Insolvenzverwalter nicht Adressat sein kann.
Mit Entscheidung des Landgerichts Bonn vom 13.11. 2008 hat die 5. Kammer entschieden, dass davon auszugehen ist, dass das Bundesamt für Justiz mit dem Ordnungsgeldverfahren keine Masseverbindlichkeit begründen wollte, weil der Insolvenzverwalter insoweit nicht Vertreterin der Schuldnerin ist und auch nicht Adressat der handelsrechtlichen Offenlegungspflicht sein kann.
Nach den Entscheidungen des Landgerichts Bonn hat das Bundesamt für Justiz seine Rechtsansicht geändert und beschlossen, dass Offenlegungsverstöße des Insolvenzverwalters bezogen auf die Insolvenzmasse nicht mehr geahndet werden. Das Bundesamt für Justiz führt nunmehr bei bekannter Insolvenzeröffnung bezogen auf Insolvenz- und insolvenzfreies Vermögen grundsätzlich kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB durch. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Vorschrift hat Strafcharakter und kann sich demnach nur gegen die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs richten.
Die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses gemäß § 335 Abs. 1 Satz 3 n. F. HGB ist auch dann verletzt, wenn der Jahresabschluss noch nicht erstellt ist oder der Prüfauftrag noch nicht erteilt ist.
Wird entgegen der Verpflichtung eine Jahresabschlussprüfung nicht durchgeführt, so ist der Jahresabschluss gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG, analog für GmbHs nichtig. Er kann demgemäß auch nicht offen gelegt werden.
Wird der erweiterte Jahresabschluss nicht erstellt, also fehlen Anhang und Lagebericht, so kann dies zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses führen, wenn dadurch eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht mehr möglich ist. Es führt in jedem Falle zu einem eingeschränkten Testat des Jahresabschlussprüfers.