Rn 47

§ 11 Abs. 1 Satz 2 verwies in seiner Fassung seit der 1. Änderungsverordnung zur InsVV ausdrücklich auf die Regelvergütung nach § 2 Abs. 1, aus der dann der Regelbruchteil von 25 % errechnet werden soll. Dies führte formal zunächst zu der Konsequenz, dass nach dem reinen Wortlaut der Regelung der vorläufige Insolvenzverwalter für seine Tätigkeit in einem masselosen Regelinsolvenzverfahren keine Mindestvergütung erhalten sollte. Da dies aber den verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Vergütungsrecht widersprach, die zuletzt der BGH in seinen Beschlüssen v. 15.1.2004[157] zu einer zumindest kostendeckenden Mindestvergütung bekräftigt hat, musste im Wege der verfassungskonformen Auslegung zur Beseitigung des Redaktionsversehens der Verweis in § 11 Abs. 1 Satz 2 auch auf § 2 Abs. 2 erweitert werden[158]. Nunmehr findet sich nach dem RSB-Verkürzungsgesetz[159] die bisherige Regelung in § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO. Dort heißt es nur noch, dass der vorläufige Verwalter in der Regel 25 % der Vergütung des Insolvenzverwalters erhält, sodass durch diesen weiten Begriff auch die Regelungen zur Mindestvergütung in § 2 Abs. 2 einbezogen werden. Daher ist auch die Anzahl der Gläubiger zu berücksichtigen. Zwar gibt es im Eröffnungsverfahren naturgemäß noch keine anmeldenden Gläubiger, abzustellen ist aber auf die Zahl der in diesem Verfahrensabschnitt beteiligten Gläubiger[160]. Dies sind diejenigen Gläubiger, denen nach den Schuldnerunterlagen Forderungen zustehen[161] und die der vorläufige Insolvenzverwalter bzw. insolvenzrechtliche Sachverständige ermittelt hat. Letzteres erscheint zwingend, da oft die Schuldnerunterlagen insbesondere hinsichtlich der Kreditoren bzw. Gläubiger unvollständig sind. Des Weiteren muss mit einer Forderungsanmeldung dieser Gläubiger im eröffneten Verfahren zu rechnen sein[162]. Dies ist bei Arbeitnehmern dann nicht der Fall, wenn sämtliche ihrer Ansprüche über Insolvenzgeld abgedeckt sind. In diesem Fall zählen sämtliche Arbeitnehmer nur als ein Gläubiger[163]. Soweit aber – wie meist – Arbeitnehmern daneben nicht insolvenzgeldfähige Ansprüche (Resturlaub, Entgeltansprüche über der Beitragsbemessungsgrenze, frühere Rückstände, etc.) zustehen, zählen sie als einzelne Gläubiger, ungeachtet der Höhe ihrer Ansprüche. Eine Gebietskörperschaft (Bundesland, Gemeinde) zählt bei der Berechnung der Mindestvergütung auch dann als nur eine Gläubigerin, wenn sie im Einzelfall über verschiedene Behörden mehrere Forderungen aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen angemeldet hat[164]. Es kommt nicht mehr darauf an, dass sich der vorläufige Verwalter mit den Forderungen der betreffenden Gläubiger konkret befasst hat[165]. Es ist auch untauglich, lediglich auf die Gläubiger abzustellen, die den Eröffnungsantrag gestellt haben, da die Regelmindestvergütungsbeträge des § 2 Abs. 2 InsVV den mit steigender Gläubigerzahl ansteigenden Arbeitsaufwand abgelten sollen. Der Arbeitsaufwand des vorläufigen Verwalters richtet sich auch im Eröffnungsverfahren nicht nur nach der Zahl der Antragsteller, sondern nach der Zahl der insgesamt in diesem Verfahrensabschnitt zu berücksichtigenden Gläubiger. Bei entsprechender Gläubigerzahl kommen also als Mindestvergütung nicht nur die Mindestregelvergütung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 in Höhe von 1.000,00 EUR zur Anwendung, sondern auch die gläubigerabhängigen Mindestvergütungsbeträge aus § 2 Abs. 2 Satz 2. Diese Mindestvergütungsbeträge stellen auch die endgültige Mindestvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters dar, d. h. diese Mindestvergütung wird nicht nur mit einem Bruchteil, sondern auch für den vorläufigen Verwalter in voller Höhe festgesetzt. Der nunmehr in § 63 Abs. 3 Satz 2 genannte Regelbruchteil bezieht sich nur auf die Staffelvergütung aus § 2 Abs. 1[166]. Wegen ihres Charakters als Regelvergütung kommen auch für diese Mindestvergütungen Zuschläge nach §§ 10, 3 Abs. 1 in Betracht, soweit im Einzelfall eine deutlich spürbare überdurchschnittliche Arbeitsbelastung des Verwalters in dem masselosen Verfahren gegeben ist[167]. Dagegen sind Abschläge nach §§ 10, 3 Abs. 2 wegen der Natur der Mindestvergütung selbstverständlich nicht möglich.

[157] ZIP 2004, 417 ff. [BGH 15.01.2004 - IX ZB 96/03]
[159] Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013, BGBl. I 2013 S. 2379 ff.
[162] BGH a. a. O. (Fn. 161).
[163] BGH a. a. O.
[165] BGH 4.2.2010, IX ZB 123/08.
[167] Wimmer/Dauernheim-Lorenz, Handbuch ...

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