Rn 1
Sowohl das materielle Insolvenzrecht (vgl. z.B. § 63 Satz 2 InsO) als auch die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung (vgl. § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 3) gehen von dem Grundsatz aus, dass Tätigkeiten im Insolvenzverfahren nachschüssig vergütet werden. Die Akteure des Insolvenzverfahrens sind also grundsätzlich vorleistungspflichtig. Dies führt dazu, dass die Aufwendungen für ein Verfahren von den Beteiligten vorfinanziert werden müssen. Die damit verbundenen Belastungen können teilweise erheblich sein. So sind beispielsweise für ein durchschnittliches professionelles Insolvenzverwalterbüro mit 10 bis 15 Mitarbeitern monatliche Betriebsausgaben bis zu 50 000 EUR keine Seltenheit. Bedenkt man, dass die Vergütung für diese Vorleistungen erst am Ende eines oft mehrjährigen Verfahrens aus der Insolvenzmasse entnommen werden kann, so wird deutlich, welcher Finanzierungsaufwand gerade in den ersten Jahren einer professionellen Insolvenzverwaltertätigkeit zu bewältigen ist. Wegen des unsicheren Verfahrensausgangs trägt der Verwalter außerdem das Risiko, in den Fällen der § 207, 208 InsO nach intensiver und langwieriger Tätigkeit keine angemessene Vergütung oder nur einen Bruchteil hiervon zu erhalten.
Rn 2
Da sich diese Problematik mit Einführung der InsO nur hinsichtlich der Sicherungsinteressen des Verwalters im Falle der Masseunzulänglichkeit etwas entschärft hat, regelt § 9 die Möglichkeit der Gewährung eines Vorschusses auf die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen. Dabei lehnt sich die neue Verordnungsregelung im Wesentlichen an die bisherige Regelung in § 7 VergVO an. Ihr gegenüber enthält § 9 lediglich die redaktionelle Veränderung, dass der ursprünglich verwendete Begriff der Genehmigung systematisch sauber im Einklang mit den §§ 182 ff. BGB durch den Begriff der Zustimmung des Insolvenzgerichts ersetzt wurde. Außerdem wurde im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang bisher entstandenen Streitigkeiten die Verfahrensdauer, nach der ein Vorschuss gewährt werden soll, präzisiert. Dieser Zeitraum war in dem ursprünglichen Entwurf einer insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung vom 29.12.1997 in dem dortigen § 9 EInsVV noch mit 1 Jahr bemessen, wurde aber dann im Zuge der Überarbeitung bis zum Erlass der endgültigen Vergütungsverordnung vom 19.8.1998 auf 6 Monate reduziert. Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass den intensiv beschäftigten Akteuren des Insolvenzverfahrens die Vorfinanzierung der ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit entstandenen Aufwendungen nicht für einen längeren Zeitraum zugemutet werden sollte. Vor allem diese Erwägung wird bei der Ausübung des nach § 9 dem Insolvenzgericht eingeräumten Ermessens bei der Vorschussgewährung zukünftig verstärkt zu berücksichtigen sein.
Rn 3
Im Übrigen haben sich infolge der Neuregelung in § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Rangfolge der Masseverbindlichkeiten bei Masseunzulänglichkeit die bisherigen Probleme im Zusammenhang mit der Vorschussgewährung deutlich entschärft.
Rn 4
Entsprechende Anwendung findet die Vorschussregelung über § 10 auf die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Sachwalters bei der insolvenzrechtlichen Eigenverwaltung sowie des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren nach den §§ 311 ff. InsO. Unanwendbar ist § 9 dagegen auf den im Rahmen der Restschuldbefreiung tätigen Treuhänder nach § 293 InsO, da für diesen mit § 16 Abs. 2 eine eigene Vorschussregelung zur Verfügung steht. Auch auf die Vergütung für Mitglieder des Gläubigerausschusses findet § 9 keine Anwendung. Vielmehr steht diesen schon nach bisher anerkannten allgemeinen Grundsätzen ein Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Vergütungsvorschusses zu, nachdem die im Entwurf der Vergütungsverordnung vom 11.1.1994 noch enthaltene Regelung in § 18 Abs. 3 EInsVV offensichtlich aufgrund eines Redaktionsversehens gestrichen wurde.