Gesetzestext
(1) Die Gläubigerversammlung ist mindestens 14 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen.
(2) Sehen die Anleihebedingungen vor, dass die Teilnahme an der Gläubigerversammlung oder die Ausübung der Stimmrechte davon abhängig ist, dass sich die Gläubiger vor der Versammlung anmelden, so tritt für die Berechnung der Einberufungsfrist an die Stelle des Tages der Versammlung der Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Gläubiger vor der Versammlung anmelden müssen. Die Anmeldung muss unter der in der Bekanntmachung der Einberufung mitgeteilten Adresse spätestens am dritten Tag vor der Gläubigerversammlung zugehen.
(3) Die Anleihebedingungen können vorsehen, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung nachzuweisen ist. Sofern die Anleihebedingungen nichts anderes bestimmen, reicht bei Schuldverschreibungen, die in einer Sammelurkunde verbrieft sind, ein in Textform erstellter besonderer Nachweis des depotführenden Instituts aus.
1. Allgemeines
Rn 1
Die Vorschrift schreibt im Nachgang zu § 9 weitere Formalien (Frist, Anmeldung und Nachweis) für die Einberufung der Gläubigerversammlung vor. Hinsichtlich eines Teils ihres Regelungsbereichs knüpft sie an Bestimmungen des SchVG 1899 an (z. B. § 6 Abs. 3, 10 Abs. 2). Sie ist darüber hinaus § 123 AktG nachempfunden.
2. Frist
Rn 2
Nach § 10 Abs. 1 ist die Gläubigerversammlung mindestens 14 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. Diese relativ kurze Einberufungsfrist von 14 Tagen soll dem Umstand Rechnung tragen, dass insbesondere in einer akuten Krise des Schuldners u. U. sofort gehandelt werden muss. Bei einer längeren Frist liefe der Emittent Gefahr, dass er seine maximal dreiwöchige Insolvenzantragsfrist versäumt. Insofern wird mit der Frist von 14 Tagen gewährleistet, dass die Versammlung der Schuldverschreibungsgläubiger noch vor Ablauf der Antragsfrist stattfinden kann. Eine ähnliche Regelung sah mit § 6 Abs. 3 SchVG 1899 das alte Recht vor ("mindestens zwei Wochen zwischen der letzten Bekanntmachung und dem Tag der Versammlung").
Rn 3
Die Frist von 14 Tagen bedeutet, dass die volle Zeitspanne zwischen dem Tag der Bekanntmachung (vgl. hierzu § 12) und dem Tag der Versammlung liegen muss. Es werden also beide Tage bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet. Mit dieser Regelung entfällt auch der im internationalen Vergleich nicht mehr zeitgemäße sog. Feiertagsschutz, wonach unter bestimmten Voraussetzungen das auf einen Sonntag fallendende Fristende auf einen Werktag verlegt wurde. Die Berechnung der Frist von § 10 Abs. 1 entspricht damit im Ergebnis der Regelung in § 121 Abs. 7 AktG in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) geltenden Fassung.
Rn 4
Wird die Frist nicht gewahrt, liegt eine Verletzung des Gesetzes (und der Anleihebedingungen) vor, so dass der Beschluss der Gläubigerversammlung nach § 20 durch Klage angefochten werden kann.
3. Anmeldung
Rn 5
Die Anleihebedingungen können vorsehen, dass sich die Gläubiger zu der Versammlung anmelden müssen. Wird von dieser Möglichkeit in den Bedingungen Gebrauch gemacht, ist die Mindestfrist von 14 Tagen auf den Endpunkt der Anmeldefrist, der mindestens drei Tage vor dem Versammlungstag liegen muss, zu berechnen (§ 10 Abs. 2). Hierdurch verlängert sich die Einberufungsfrist um drei Tage. Im Ergebnis wird damit gewährleistet, dass die Gläubigerversammlung noch immer innerhalb der u. U. zu beachtenden dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist (§ 15a InsO) stattfinden kann.
Rn 6
Wird die Frist des § 10 Abs. 2 nicht gewahrt, erweist sich der von der Gläubigerversammlung gefasste Beschluss als anfechtbar (§ 20).
4. Nachweis der Teilnahmeberechtigung
Rn 7
Um sicherzustellen, dass an den Abstimmungen in der Gläubigerversammlung nur Personen teilnehmen, denen Rechte aus den Schuldverschreibungen auch tatsächlich zu stehen, muss die Legitimation der Gläubiger überprüft werden können. Die Anleihebedingungen können deshalb Klauseln darüber enthalten, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung nachzuweisen ist (§ 10 Abs. 3 Satz 1). In deren Ausgestaltung besteht weitgehende Regelungsfreiheit. Das Gesetz normiert lediglich, dass bei in einer Sammelurkunde verbrieften Schuldverschreibungen, sofern in den Anleihebedingungen nichts anderes geregelt ist, eine in Textform erstellte besondere Erklärung des depotführenden Instituts ausreicht (§ 10 Abs. 3 Satz 2). Daneben kommen auch andere Nachweisformen in Betracht. Insbesondere ist die nach alter Rechtslage (§ 10 Abs. 2 SchVG 1899) vorgesehene Hinterlegung weiterhin möglich. Diese Alternative kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Schuldverschreibungen nicht in einer Sammelurkunde verbrieft sind.