Rn 38
Das SchVG regelt an verschiedenen Stellen, dass der Schuldner die Kosten eines bestimmten Vorgangs zu tragen hat. So heißt es etwa in § 7 Abs. 6, dass dem Schuldner die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger entstehenden Kosten und Aufwendungen zur Last fallen. Gleiches gilt für die Kosten der Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung und, sofern ein Antrag nach § 9 Abs. 2 beim Gericht gestellt worden ist, auch für die Kosten dieses Verfahrens (§ 9 Abs. 4 bzw. § 18 Abs. 6). Weiter hat der Schuldner die Bekanntmachungskosten für die Einberufung der Gläubigerversammlung (§ 12 Abs. 2 Satz 3) und für die von der Gläubigerversammlung gefassten Beschlüsse (§ 17 Abs. 1 Satz 1) zu übernehmen. § 5 Abs. 1 Sätze 2 und 3 verhindern im Zusammenhang mit den zitierten Normen, dass diese Kostentragungsregelungen zulasten der Gläubigergesamtheit geändert werden.
Rn 39
Die Frage, welchen Rang insbesondere der aus § 7 Abs. 6 folgende Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Emittenten hat, gehörte in den letzten Jahren zu den am kontroversesten diskutierten Themen aus der Schnittstelle "Schuldverschreibungsrecht und Insolvenzrecht".
Rn 40
Zum Teil wurde vertreten, dass sich der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters nicht gegen den Schuldner, sondern gegen die Anleihegläubiger richten sollte, die ihrerseits gegen den Emittenten einen gesetzlichen Aufwendungsersatzanspruch besitzen sollten. Dem wurde entgegengehalten, dass das SchVG dem gemeinsamen Vertreter einen unmittelbaren Anspruch gegen den Emittenten gewährt, da durch den Bestellungsbeschluss ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen ihnen begründet wird.
Rn 41
Im Übrigen bestand trotz aller divergierenden Auffassungen noch Einigkeit darüber, dass der Vergütungsanspruch, wenn er wegen der frühzeitigen Bestellung des gemeinsamen Vertreters vor Insolvenzeröffnung begründet wurde, als Insolvenzforderung (§ 38 InsO) zu qualifizieren ist, der zur Tabelle anzumelden ist.
Rn 42
Soweit der Vergütungsanspruch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, wurde er ganz überwiegend als Masseverbindlichkeit angesehen, der vorab zu regulieren ist (§ 53 InsO). Zu den Masseverbindlichkeiten gehören die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten. Dem Versuch, die Vergütung des gemeinsamen Vertreters unter die Kosten des Insolvenzverfahrens zu subsumieren, hat der BGH eine Absage erteilt. Im Urteil vom 14.07.2016 hat er ausgeführt, dass die Verfahrenskosten im Einzelnen in § 54 InsO definiert sind. Unter die dort erwähnten Gerichtskosten sowie die Vergütungen und Auslagen fallen die nach dem SchVG entstehenden und oben konkret benannten Kosten nicht. Der nur für den Insolvenzverwalter, den vorläufigen Insolvenzverwalter und die Mitglieder des Gläubigerausschusses geltende § 54 Nr. 2 InsO ist nach Ansicht des BGH auch nicht entsprechend auf die Vergütung des gemeinsamen Vertreters anzuwenden. Während die in § 54 Nr. 2 InsO erwähnten Beteiligten für die Gesamtheit der Gläubiger tätig werden, sind Tätigkeit und Aufgaben des gemeinsamen Vertreters damit nicht vergleichbar. Er vertritt lediglich die Interessen der von ihm vertretenen Anleihegläubiger. Er steht damit einem Vertreter eines Insolvenzgläubigers, dessen Kosten keine Kosten des Insolvenzverfahrens sind, näher als den Beteiligten des Insolvenzverfahrens, für die das Gesetz eine Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht vorsieht. § 54 Nr. 2 InsO ist auch nicht analog anwendbar, da es sich – wie sich an der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung zeigt – um eine abschließende gesetzliche Bestimmung handelt. Infolgedessen können die Vergütung und die Auslagen des gemeinsamen Vertreters nicht als Kosten des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzgericht gemäß § 54 Nr. 2 i.V.m. § 64 InsO festgesetzt werden.
Rn 42a
Im Schrifttum ist daher die Vergütung des gemeinsamen Vertreters § 55 InsO zugeordnet worden (wohl § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO). Doch auch dem ist der BGH mit Urteil vom 12.01.2017 nicht gefolgt: Seiner Ansicht nach ist der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters keine Masseverbindlichkeit, da er nicht durch eine Handlung des Insolvenzverwalters i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO, sondern durch einen Beschluss der Gläubiger begründet wurde, und die Verbindlichkeit auch keinen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO). Beim eigenen Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters nach § 7 Abs. 6 handelt es sich daher nach Ansicht des BGH um eine Neuforderung, für die lediglich das insolvenzfreie Vermögen haftet. Soweit der gemeinsame Vertreter einen abgeleiteten und abgetretenen Anspruch der Anleihegläubiger geltend macht, soll § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO Anwendung finden. Aufgrund dieses Urteils dürfte zumindest für die Praxis die rechtliche Einordnung des gegen die Schuldnerin bestehenden Vergütungsan...