Rn 23
Das SchVG kennt keine § 241 AktG vergleichbare Vorschrift. Nach der aktienrechtlichen Norm sind Beschlüsse der Hauptversammlung, denen offensichtliche bzw. besonders schwere Gesetzesverstöße innewohnen, nichtig, ohne dass es der Erhebung einer Anfechtungsklage bedarf.
Rn 24
Vor dem Hintergrund, dass das SchVG keine Parallelvorschrift zu § 241 AktG kennt, stellt sich damit die Frage, ob § 241 AktG eventuell analog auf Beschlüsse der Schuldverschreibungsgläubiger angewendet werden kann. Hierfür könnte sprechen, dass sich der Gesetzgeber des SchVG, indem er unter bestimmten Voraussetzungen die Gläubigerbeschlüsse nur als anfechtbar erachtet hat, möglicherweise bewusst gegen die Aufnahme von Nichtigkeitsgründen in das Gesetz entschied. Dagegen spricht jedoch, dass sich aus der Gesetzesbegründung zum SchVG nicht entnehmen lässt, weshalb auf die Schaffung einer dem § 241 AktG vergleichbaren Vorschrift verzichtet wurde. Die Norm wird in der Begründung nicht erwähnt. Damit ist unklar, ob eine bewusste oder unbewusste Regelungslücke vorliegt.
Rn 25
Letztlich spricht streitentscheidend für eine Analogie zu § 241 AktG die vergleichbare Interessenlage zwischen dem Aktien- und dem Schuldverschreibungsrecht. Die in § 241 AktG aufgeführten Nichtigkeitsgründe bezwecken durch ihre tatbestandliche Präzisierung Rechtssicherheit dadurch zu erreichen, dass einerseits bei Vorliegen der aufgeführten besonders schweren Gesetzesverstöße Nichtigkeit als Rechtsfolge zwingend angeordnet wird, dass andererseits aber außerhalb der geregelten Nichtigkeitsgründe keine ungeschriebenen Nichtigkeitsgründe anerkannt werden. Im Schuldverschreibungsrecht besteht für eine solche auf Rechtssicherheit abzielende Regelung ebenfalls ein Bedürfnis. Auch dort sollten, wenn die Beschlüsse der Schuldverschreibungsgläubiger besonders evident gegen die Anleihebedingungen oder das SchVG verstoßen, die Beschlüsse ohne vorherige Erhebung einer Anfechtungsklage kraft Gesetzes nichtig sein.
Rn 26
Als Nichtigkeitsgründe kommen etwa in Betracht offensichtliche Einberufungsmängel, unterbliebene Beurkundung der Versammlungsniederschrift, Begründung von Leistungspflichten etc. Auf diese ungeschriebenen Nichtigkeitsgründe kommt es jedoch nach Ansicht des BGH nicht an, wenn das SchVG die Nichtigkeit eines Beschlusses der Gläubigerversammlung unabhängig von einer erfolgreichen Anfechtung anordnet. Das gilt z. B. im Fall des § 5 Abs. 2 Satz 2. Danach ist ein Mehrheitsbeschluss, der nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht, unwirksam.