3.1 Antrag an das Gericht
Rn 10
Wird dem berechtigten Verlangen der Gläubiger auf Einberufung einer Gläubigerversammlung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 nicht entsprochen, können sie bei Gericht beantragen, selbst ermächtigt zu werden, die Gläubigerversammlung einzuberufen (§ 9 Abs. 2 Satz 1). Durch die Stellung des Antrags wird ein unternehmensrechtliches Verfahren i. S. d. § 375 Nr. 16 FamFG eingeleitet.
§ 9 Abs. 2 Satz 1 gilt nur für die Einberufung einer sog. "zweiten ersten Gläubigerversammlung", also dann, wenn dem ersten Antrag nicht entsprochen wurde. Die Regelung (mit ihrem erleichterten Anwesenheitsquorum) ist hingegen auf die Einberufung einer "echten" zweiten Gläubigerversammlung nicht anwendbar. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, der erfordert, dass dem berechtigten Verlangen einer Gläubigerminderheit nicht entsprochen wurde. Daran fehlt es, wenn die erste Gläubigerversammlung durchgeführt wurde, aber z. B. beschlussunfähig war. Auch § 15 Abs. 3 Satz 3 spricht gegen die Anwendung von § 9 Abs. 2 Satz 1 auf eine einzuberufende "echte" zweite Gläubigerversammlung. Infolgedessen gilt für die echte zweite Gläubigerversammlung § 15 Abs. 3 Satz 2, wonach der Vorsitzende eine zweite Gläubigerversammlung einberufen "kann".
Rn 11
Der Antrag der Gläubiger – das Gericht wird nur auf einen solchen hin tätig – ist darauf gerichtet, neben dem Emittenten und dem gemeinsamen Vertreter eine weitere Zuständigkeit für die Einberufung zu begründen. Der Antrag kann nur von den Gläubigern gestellt werden, deren Einberufungsverlangen zurückgewiesen worden ist. Stellen nicht alle Gläubiger, die zuvor beim Schuldner bzw. beim gemeinsamen Vertreter erfolglos nach der Einberufung der Gläubigerversammlung nachgesucht haben, den gerichtlichen Antrag, ist das unschädlich, solange das 5 %-Quorum erreicht wird. Wird das Quorum nur dadurch erreicht, dass "abspringende" Gläubiger durch "aufspringende" Gläubiger ersetzt werden, sind die Voraussetzungen für einen zulässigen Antrag bei Gericht nicht erfüllt. Auch wenn diese Konstellation im Aktienrecht streitig behandelt wird, ist hierfür aufgrund des im Gegensatz zu § 122 Abs. 3 AktG eindeutigen Wortlauts von § 9 Abs. 2 ("Die Gläubiger, deren berechtigtem Verlangen nicht entsprochen wird, können bei Gericht beantragen, …") kein Raum. Folglich muss in dieser Konstellation erst ein neuer Antrag an den gemeinsamen Vertreter bzw. den Schuldner gestellt werden, bevor das Gericht angerufen werden kann. Gehört ein Gesamtrechtsnachfolger eines Gläubigers, der den Antrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 gestellt hatte, zu den Antragsstellern für das gerichtliche Verfahren, bleiben seine Stimmen nicht unberücksichtigt.
Rn 12
Eine Frist für die Stellung des Antrags bei Gericht sieht das Gesetz nicht vor. Man wird jedoch ein zeitnahes Tätigwerden gemäß § 9 Abs. 2 verlangen können. Im Regelfall werden schon die Gläubiger, die das Ziel der Einberufung einer Gläubigerversammlung verfolgen, dafür Sorge tragen, dass der gerichtliche Antrag nicht unnötig verzögert wird. Bei Stellung des Antrags bei Gericht muss zumindest noch davon auszugehen sein, dass der gemeinsame Vertreter bzw. der Emittent dem Antrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 noch ablehnend gegenüber stehen. Andernfalls wäre die Kostenfolge des § 9 Abs. 4 nicht gerechtfertigt.
Rn 13
Das von den Gläubigern angerufene Gericht i. S. d. § 9 Abs. 3 entscheidet durch Beschluss über den Antrag. Es gibt ihm statt, wenn er zulässig und begründet ist. Das ist der Fall, wenn dem Begehren der Gläubiger vom Emittenten bzw. dem gemeinsamen Vertreter hätte stattgegeben werden müssen, weil die formellen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 vorlagen und zudem ein besonderes Interesse an der Einberufung der Gläubigerversammlung dargelegt wurde. Eine weitergehende Prüfungskompetenz steht dem Gericht nicht zu. Auch sind weitere Formalien nicht zu beachten.
Insbesondere ist die noch nach § 4 Abs. 2 SchVG 1899 erforderliche Hinterlegung der Schuldverschreibungen nicht mehr notwendig.
Rn 14
Das Gericht kann nach § 9 Abs. 2 Satz 2 zusammen mit der Ermächtigung der Gläubiger, selbst eine Gläubigerversammlung einzuberufen, zugleich den Vorsitzenden der Versammlung bestimmen. Von dieser Möglichkeit wird es Gebrauch machen, wenn eine ordnungsgemäße Versammlungsleitung sonst nicht zu erwarten steht. Entsprechende Anträge der Gläubiger sind als bloße Anregungen zu verstehen.
Rn 15
In der Bekanntmachung der Einberufung ist auf die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung hinzuweisen (§ 9 Abs. 2 Satz 3), damit die Adressaten der Einberufung erkennen können, worauf sich die Ermächtigung zur Einberufung gründet. Der Hinweis "kraft gerichtlicher Ermächtigung" ohne konkrete Benennung der gerichtlichen Entscheidung genügt. Fehlt der Hinweis, ist die Gläubigerversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen. Gleichwohl gefasste Beschlüsse sind wirksam, aber anfechtbar.
Rn 16
Der Beschluss des Gerichts, mit dem über den Antrag der Gläubiger entschieden wird, ist nach § 9 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. §§...