Prof. em. Dr. Suzana Bubic, Dr. Stefan Pürner
a) Allgemeines
Rz. 22
Die EU-Güterrechtsverordnung findet in der Föderation Bosnien und Herzegowina keine Anwendung.
Rz. 23
Nach dem FamG FBiH 2005 sind, anders als früher, vertragliche Vereinbarungen zwischen den Ehegatten im Bereich des ehelichen Güterrechts möglich, wovon in der Praxis jedoch wenig Gebrauch gemacht wird. Ohne eine solche unterscheidet das Gesetz zwischen "ehelichen Erwerbungen" (Errungenschaftsgemeinschaft) und besonderem Vermögen. Für den Fall einer ehevertraglichen Vereinbarung definiert das Gesetz jedoch keine Wahlgüterstände, die so vereinbart werden könnten. Es müssen also die jeweiligen Einzelheiten der gewünschten vermögensrechtlichen Verhältnisse im Einzelnen vereinbart werden, wobei die Grenzen des hierbei Zulässigen weder durch Gesetz und (zumindest bislang) auch noch nicht durch die Rechtsprechung definiert sind.
Paradox ist die Situation bezüglich der für einen Ehevertrag in der FBiH erforderlichen Form. Diesbezüglich ist bzw. war sowohl in Art. 73 Abs. 1 Ziff. 1 des Gesetzes über das Notariat der FBiH wie in Art. 258 Abs. 2 des FamG FBiH notarielle Beurkundung vorgesehen. Mit Entscheidung des Verfassungsgerichts der FBiH U-15/10 vom 2.12.2015 wurde jedoch die genannte Vorschrift des NotarG – nicht jedoch diejenige des FamG FBiH – für verfassungswidrig erklärt. Obwohl viel dafür spricht, dass auf Grundlage der – schwer nachzuvollziehenden – Logik des Verfassungsgerichts (das in einer exklusiven Zuständigkeit von Notaren für solche Rechtsgeschäfte u.a. eine Verletzung des Rechtes auf Arbeit der Anwälte für gegeben ansieht) auch Art. 258 Abs. 2 FamG FBiH verfassungswidrig sein müsste, wird diese Vorschrift im Tenor der Verfassungsgerichtsentscheidung nicht erwähnt. Deshalb wird schon aus Gründen der Vorsicht dazu zu raten sein, solche Vereinbarungen weiterhin notariell abzuschließen. Da die Notarkammer der FBiH gegenwärtig versucht, das Urteil des Verfassunsgerichtes der FBiH vom Verfassungsgericht des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina aufheben zu lassen, sollte diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da aus dem genannten Grund weitere Entwicklungen nicht ausgeschlossen sind.
b) Errungenschaftsgemeinschaft ("eheliche Erwerbungen") und Sondervermögen
Rz. 24
Ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten teilt sich das Vermögen in Sondervermögen der jeweiligen Ehegatten und in die "ehelichen Erwerbungen". Zu Letzterem gehören nach der Rechtsprechung Anteile an einer GmbH, die während des Bestehens der ehelichen Gemeinschaft durch Arbeit oder aus ehelich Erwerbungen erworben wurden. Dies bedeutet, dass die Ehepartner dann, wenn sie nichts anderes vereinbart haben, Miteigentümer dieser Anteile sind und diese nach Beendigung der Ehe wie ehelich Erworbenes zwischen den Ehegatten geteilt werden.
Sondervermögen der Ehegatten bleibt das Vermögen, das sie im Zeitpunkt der Eheschließung besaßen, sowie Vermögen, das sie während der Ehe auf andere Art als durch Arbeit oder die in Art. 251 genannte Art und Weise erworben haben (Art. 254).
Rz. 25
Fraglich ist, ob eine etwaige Mitgift als Sondervermögen der Ehefrau gilt. Dies war nach der ausdrücklichen Festlegung des Art. 290 des vorherigen Gesetzes der Fall. Da eine solche ausdrückliche Regelung nun fehlt und gem. Art. 251 Abs. 2 "Geschenke dritter Personen während der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft" in das Vermögen der Errungenschaftsgemeinschaft fallen sollen, spricht einiges dafür, dass dies vom Gesetzgeber nun nicht mehr gewollt ist. Zwingend ist dies jedoch nicht, da man auch argumentieren könnte, dass es sich bei einer Mitgift um ein Geschenk handelt, das nicht während der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern vorher zufließt.
Rz. 26
Da der Erwerb durch Vererbung (anders als Geschenke unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) nicht als Bestandteil der Erwerbsgemeinschaft genannt wird, ist davon auszugehen, dass ererbtes Vermögen als Sondervermögen der Ehegatten gilt.
Rz. 27
Auf Sondervermögen finden die allgemeinen Regelungen des bürgerlichen Rechts Anwendung, so dass die Ehegatten darüber selbstständig verfügen können. Die Ehegatten haften jedoch mit ihrem Sondervermögen ebenso wie mit dem zur Errungenschaftsgemeinschaft zählenden Vermögen für Verbindlichkeiten, die zur Befriedigung des laufenden Bedarfs der ehelichen bzw. Familiengemeinschaft übernommen wurden. In gleicher Weise haften sie für Verbindlichkeiten, für die beide Ehegatten von Gesetzes wegen gemeinsam haften.
Rz. 28
Als sog. eheliche Erwerbung, d.h. der Errungenschaftsgemeinschaft unterliegendes Vermögen, gilt Vermögen, das die Ehegatten während der Dauer der ehelichen Gemeinschaft erworben haben, sowie die Einkünfte aus solchem Vermögen (Art. 251 Abs. 1). Darüber hinaus stellt Art. 251 Abs. 2–4 klar, dass auch fol...