Prof. em. Dr. Suzana Bubic, Dr. Stefan Pürner
a) Obligatorische Zivilehe
Rz. 5
Das FamG FBiH 2005 schreibt die obligatorische Zivilehe vor. Gemäß Art. 7 kann eine Ehe nämlich nur vor dem Standesamt als staatliche Stelle geschlossen werden. Art. 7 Abs. 3 stellt darüber hinaus klar, dass nach einer solchen standesamtlichen Eheschließung eine Eheschließung vor einer dafür zuständigen Person der eigenen Religionsgemeinschaft erfolgen kann.
b) Verlöbnis
Rz. 6
Das Recht der FBiH kennt keine Regelungen über die Eingehung, die Rechtsfolgen oder die Auflösung eines Verlöbnisses. Ein solches wird lediglich in Art. 19 quasi "zwischen den Zeilen" erwähnt, der festlegt, dass zwischen der Bestellung des Aufgebots und der Eheschließung selbst mindestens 30 Tage liegen müssen.
c) Persönliche Voraussetzungen
aa) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 7
Gemäß Art. 6 kann die Ehe nur zwischen Personen verschiedenen Geschlechts eingegangen werden. Eine besondere, rechtlich geregelte Lebenspartnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern besteht nicht. Insbesondere gibt es auch kein Sondergesetz, das eine solche Lebensgemeinschaft regeln würde. Darüber hinaus ist auch die außereheliche Lebensgemeinschaft, die besonders gesetzlich geregelt ist (Art. 3; siehe Rdn 98 f.), nur verschiedengeschlechtlichen Partnern vorbehalten.
bb) Ehefähigkeit
Rz. 8
Grundsätzlich kann eine Ehe dann nicht geschlossen werden, wenn einer der Ehegatten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Art. 15 Abs. 1). Bei jüngeren Personen, die das 16. Lebensjahr schon vollendet haben, kann das – dem deutschen Amtsgericht in etwa entsprechende – Gemeindegericht die Eheschließung genehmigen, wenn es feststellt, dass hierfür "rechtfertigende Gründe" vorliegen, dass die entsprechende Person darüber hinaus körperlich und seelisch für die Ausübung der Rechte und Erfüllung der Verpflichtungen, die aus einer Ehe hervorgehen, geeignet ist und wenn die Ehe in ihrem Interesse liegt. Entschieden wird hierüber im sog. Nichtstreitverfahren, das weitgehend dem deutschen FamFG-Verfahren entspricht. Dem Gesetzeswortlaut ist eine Einschränkung, dass der andere Ehegatte das 18. Lebensjahr vollendet haben müsste, nicht zu entnehmen. Dementsprechend erscheint eine solche Ausnahmegenehmigung auch dann möglich, wenn auch der andere Ehegatte noch nicht das 18., aber bereits das 16. Lebensjahr vollendet hat.
Rz. 9
Im gerichtlichen Verfahren auf Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung werden die Eltern (soweit ihnen nicht das Sorgerecht entzogen wurde) oder der Vormund als gesetzliche Vertreter der betreffenden minderjährigen Person sowie diese selbst angehört, um Informationen über die Reife des betreffenden Minderjährigen und über mögliche rechtfertigende Gründe zu erhalten. Soweit die Eltern ohne wichtigen Grund, der dies rechtfertigen würde, das Sorgerecht nicht ausüben, bleibt es dem Gericht vorbehalten, sie anzuhören oder nicht (Art. 342 Abs. 2). Da es sich nur um eine Anhörung handelt, ist die Zustimmung des Sorgeberechtigten nicht erforderlich, um die Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Gegen die Erteilung, nicht jedoch gegen die Versagung der Erteilung dieser Ausnahmegenehmigung, kann der Sorgeberechtigte gem. Art. 342 Abs. 3 Widerspruch einlegen. Gemäß Art. 11 kann eine Person, der die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde oder die "zur Beurteilung nicht fähig ist", keine Ehe schließen. Personen der zweitgenannten Gruppe (der zur Beurteilung Nichtfähigen) kann das Gericht jedoch gem. Art. 11 Abs. 2 ausnahmsweise die Eheschließung gestatten, wenn es feststellt, dass diese fähig sind, die Bedeutung der Ehe und die daraus fließenden Verpflichtungen zu erfassen, und die Ehe offensichtlich in deren Interesse liegt.
cc) Ehehindernisse
Rz. 10
Die Ehehindernisse lassen sich in beseitigbare und solche, die nicht beseitigt werden können, unterteilen. Zu den nicht beseitigbaren Ehehindernissen gehört die Blutsverwandtschaft und die durch Volladoption entstandene Verwandtschaft in gerader Linie und in der Seitenlinie bis einschließlich des vierten Verwandtschaftsgrades (Art. 12 Abs. 1 und 2). Im Fall einer sog. unvollständigen Adoption (Teiladoption) dürfen der Adoptierte und der Annehmende keine Ehe miteinander eingehen (Art. 13). Die unvollständige Adoption führt also nur im ersten Grad der direkten Linie zu einem Ehehindernis, während die Volladoption in gerader Linie zu einem uneingeschränkten Ehehindernis in der Seitenlinie bis zum vierten Verwandtschaftsgrad führt. Von den Ehehindernissen, die ih...