a) Allgemeines

 

Rz. 36

Gemäß Art. 224 hat ein Ehegatte, der nicht genügend Mittel besitzt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, der arbeitsunfähig ist oder keine Beschäftigung findet und seinen Lebensunterhalt auch nicht aus seinem Vermögen bestreiten kann, gegenüber dem anderen Ehegatten Anspruch auf Unterhalt, der dessen Möglichkeiten angemessen ist. Die Voraussetzungen, die in dieser Vorschrift normiert werden, sind gleichzeitig auch die Voraussetzungen, unter denen ein getrenntlebender Ehegatte und ein früherer Ehegatte nach der Scheidung oder Aufhebung der Ehe einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen hat.

b) Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsumfang

 

Rz. 37

Ein Anspruch besteht, wenn der betreffende Ehegatte nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt ausreichend aus seiner eigenen Arbeit oder aus seinem Vermögen zu bestreiten. Alleine die Tatsache, dass ein Ehegatte, der zur Sicherung seines Lebensunterhalts in der Lage ist, unter den Standard, der in der Ehe bestanden hat, fällt, gewährt also keinen Unterhaltsanspruch.[21] Dieser dient nämlich nur dazu, die Existenz des anspruchsberechtigten Ehegatten zu sichern, nicht aber der Sicherung seines ehelichen Lebensstandards. Der berechtigte Ehegatte, der keine Arbeit findet, ist nicht verpflichtet, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, für das er eigentlich fachlich überqualifiziert ist.[22] Hinsichtlich der Bedürftigkeit hat das Gericht gem. Art. 235 Abs. 4 die vom Föderationsministerium für Arbeit und Sozialpolitik jährlich spätestens bis zum 1. März bekannt zu gebenden Tabellen über die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten Unterhaltsbedürftiger zu berücksichtigen. Bezüglich der Leistungsfähigkeit wird gem. Art. 235 Abs. 3 – ausgenommen die tatsächlichen Bezüge des Unterhaltsschuldners sowie sein Eigenbedarf und seine anderweitigen gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen – auch dessen "tatsächliche Möglichkeit zum Erwerb eines erhöhten Lohns" berücksichtigt. Daraus wird zu folgern sein, dass ein Unterhaltsschuldner im Zweifel dazu verpflichtet ist, seine Erwerbstätigkeit auszuweiten, um seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen zu können.

 

Rz. 38

Gemäß Art. 226 Abs. 1 kann das Gericht den an sich gegebenen Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten ablehnen, wenn dieser dem Ehepartner gegenüber in der Ehe ein grobes Fehlverhalten an den Tag gelegt hat oder wenn die Unterhaltsverpflichtung eine offensichtliche Ungerechtigkeit für den verpflichteten Ehegatte darstellen würde. Der letztgenannte Ausschlussgrund gilt auch im Falle einer Eheaufhebung. Gemäß Art. 227 ist ein Unterhaltsanspruch auch dann nicht gegeben, wenn die Ehegatten während einer längeren Zeit des Getrenntlebens ihren eigenen Lebensunterhalt selbstständig bestritten haben oder wenn der Berechtigte in den Fällen kurzer Ehedauer ohne Unterhaltsanspruch nicht schlechter stünde als zum Zeitpunkt des Eheschlusses.[23] Soweit der unterhaltsverpflichtete Ehegatte im Ausland lebt, werden bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit die Lebensverhältnisse in dem Land, in dem er lebt, zugrunde gelegt.

[21] So wohl auch Traljić/Bubić, Bračno pravo (Eherecht), S. 128.
[22] Vgl. Traljić/Bubić, Bračno pravo (Eherecht), S. 128; vgl. auch Art. 235 Abs. 2.
[23] Für die Berechnung der kurzen Zeitdauer ist auf das rechtliche Ende der Ehe, nicht aber auf das regelmäßig vorher liegende Ende des ehelichen Zusammenlebens abzustellen (Entscheidung des Obersten Gerichtes Bosnien und Herzegowina in der Sache 153/1988, zit. nach Traljic/Bubic, Bračno pravo (Eherecht), S. 128, dort Fn 22).

c) Zeitliche Begrenzung der Geltendmachung des Anspruchs

 

Rz. 39

Gemäß Art. 225 Abs. 1 kann der Antrag auf nachehelichen Unterhalt nur bis zum Schluss der Hauptverhandlung im Scheidungs- oder Aufhebungsverfahren gestellt werden. Gemäß Art. 225 Abs. 3 kann das Gericht in (allerdings nicht näher definierten) Ausnahmefällen eine isolierte Klage auf Unterhalt vor der Scheidung oder für die Zeit nach der Scheidung oder Nichtigerklärung einer Ehe auch noch bis zu einem Jahr nach Beendigung der Ehe zulassen. Hierzu müssen die Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch jedoch bereits zum Zeitpunkt des Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens vorgelegen haben. Allein der spätere Eintritt der Bedürftigkeit dürfte demnach hierfür nicht ausreichen. Wie bereits nach bisherigem Recht kann der Unterhaltsanspruch, insbesondere in Fällen kurzer Ehe oder wenn der Unterhaltsberechtigte in der Lage ist, in absehbarer Zeit für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen, zeitlich begrenzt werden (Art. 228 Abs. 1). In "rechtfertigenden Fällen" kann die Verlängerung einer solchen Begrenzung beantragt werden (Art. 228 Abs. 2). Der Antrag muss jedoch vor Ablauf der ursprünglichen Frist gestellt werden (Art. 228 Abs. 3).

d) Erlöschen des Unterhaltsanspruchs

 

Rz. 40

Wird eine neue Ehe geschlossen oder eine außereheliche Lebensgemeinschaft eingegangen, so erlischt der Unterhaltsanspruch. Gleiches gilt in Fällen, in denen sich der Berechtigte als "unwürdig" gezeigt hat, oder wenn die Bedingungen für die Zuerkennung von Unterhalt entfallen (Art. 229). Zur Unwürdigkeit führen hierbei grundsätzlich nur Handlungen, di...

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