Prof. Dr. Meliha Povlakic, Dr. Darja Softic Kadenic
a) Einführung
Rz. 73
Alle drei Erbgesetze widmen einen gesonderten Abschnitt den sog. erbrechtlichen Verträgen. Darunter fallen
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Erbverträge im engeren Sinne (Art. 125–132 ErbG FBuH, Art. 125 ErbG RS, Art. 130–136 ErbG BD BuH), |
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Verträge, mit denen über einen zukünftigen Nachlass bzw. Vermächtnis verfügt wird (Art. 133 ErbG FBuH, Art. 126 ErbG RS, Art. 137 ErbG BD BuH), |
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Verträge über den Inhalt eines Testaments (Art. 134 ErbG FBuH, Art. 127 ErbG RS, Art. 138 ErbG BD BuH), |
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Leibrentenverträge (Art. 146–154 ErbG FBuH, Art. 139–145 ErbG RS, Art. 150–159 ErbG BD BuH) und |
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Verträge über die Aufteilung des Nachlasses zu Lebzeiten des Erblassers (im Folgenden: "Übergabevertrag") (Art. 135–145 ErbG FBuH, Art. 128–138 ErbG RS, Art. 139–149 ErbG BD BuH). |
Rz. 74
In der Republika Srpska sind nur die letzten zwei Verträge zugelassen. Nach h.M. handelt es sich bei diesen beiden Verträgen aber nicht um erbrechtliche Verträge, sondern um schuldrechtliche Verträge mit erbrechtlichen Folgen. In der Föderation BuH kann zusätzlich dazu zwischen bestimmten Vertragsparteien auch ein Erbvertrag geschlossen werden, der als echter erbrechtlicher Vertrag betrachtet werden sollte.
b) Erbvertrag
Rz. 75
Mit den neuen ErbG FBuH und Brčko Distrikt BuH wurde in die Rechtssysteme dieser beiden Teile Bosnien und Herzegowinas der Erbvertrag als neuer Berufungsgrund neben und insbesondere vor dem Testament und dem Gesetz eingeführt. Es handelt sich um eine große Neuheit, da das bosnisch-herzegowinische Recht traditionell eine restriktive Haltung gegenüber vertraglichen Verfügungen über einen noch nicht geöffneten Nachlass einnahm und somit der Erbvertrag in der Republika Srpska weiterhin nicht zugelassen ist. In der Praxis besteht schon seit längerer Zeit insbesondere im Zusammenhang mit der vertraglichen Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse das Bedürfnis, diese auch über den Tod eines Ehegatten hinaus zu regeln. Ohne diese Möglichkeit konnte auch der Ehevertrag nicht in seiner vollen Kapazität ausgenutzt werden. Diesem praktischen Bedürfnis wurde bislang nicht in ganz BuH entsprochen.
Rz. 76
Der Erbvertrag ist reserviert für Ehepartner, zukünftige Ehepartner, wobei in diesem Fall der Vertrag erst mit Eheschließung seine Gültigkeit entfaltet, sowie für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Der Erbvertrag ist ein höchstpersönliches und streng formales Rechtsgeschäft, das gemäß des Art. 130 Abs. 2 ErbG BD BuH der Form einer notariellen Beurkundung bedarf.
Rz. 77
In FBuH schrieb das Erbgesetz ebenso die Form der notariellen Beurkundung vor, allerdings wurden sowohl die Bestimmungen des Notargesetzes der Föderation BuH, als auch die des ErbG FBuH, und mehrerer anderer materieller Vorschriften, die die Form der notariellen Beurkundung als verpflichtende Form (forma ad solemnitatem) für eine Reihe von Rechtsgeschäften vorschrieben, vor dem Verfassungsgericht der Föderation Bosnien und Herzegowinas im Rahmen eines Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle angefochten und durch die Entscheidungen U-15/10 und U-22/16 für verfassungswidrig erklärt.
Rz. 78
Das Verfassungsgericht FBuH hatte dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist von sechs Monaten eingeräumt, um die Entscheidungen zu implementieren und die entsprechenden Gesetzesänderungen vorzunehmen. Diese Frist ist vor mehreren Jahren vergangen, ohne dass der Gesetzgeber aktiv wurde. Dies hat zur Folge, dass in FBuH die für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen als nicht mehr existierend betrachtet werden und somit nicht mehr angewendet werden können. Somit ist hinsichtlich der Form einer ganzen Reihe von Rechtsgeschäften, die Immobilien zum Gegenstand haben und die gerade wegen Ihrer bedeutenden Rechtsfolgen ursprünglich der notariellen Beurkundung bedurften, eine Rechtslücke entstanden, welche zu verschiedenen Praxen führte und ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit nach sich zog.
Rz. 79
Nach mehreren Jahren hat der Oberste Gerichtshof der FBuH auf Anfrage des Amtsgerichts Sarajevo im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens den Rechtstandpunkt bezogen, wonach diese Rechtsgeschäfte einer Unterschriftenbeglaubigung bedürfen, welche sowohl von Gerichten als auch von Notaren durchgeführt werden kann.
Eine weitere Folge der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen in FBuH ist, dass nun in verschiedenen Teilen Bosnien und Herzegowinas unterschiedliche Formvorschriften gelten, da in RS und BD BuH die jeweiligen Verfassungsgerichte den gleichlautenden Antrag zur abstrakten Normenkontrolle der dort geltenden Notargesetze und anderer gesetzlicher Vorschriften, die die notarielle Beurkundung als Pflichtform vorsehen, abgelehnt und einen gegensätzlichen Standpunkt hinsichtlich der gleichen Sachlage als das Verfassungsgericht der Föderation BuH eingenommen haben.
Rz. 80
Die Vertragsparteien können sich mit dem Erbvertrag entweder gegenseitig oder nur eine Vertragspartei die andere einseitig unwiderruflich als Erben einsetzen. Allerdings kann di...