Prof. Dr. Meliha Povlakic, Dr. Darja Softic Kadenic
I. Erbschaftserklärung (Erbantritt, Ausschlagung)
Rz. 114
Der Nachlass geht mit dem Erbfall ipso iure auf die Erben über, vorbehaltlich der Ausschlagung. Die Ausschlagung kann bis zum Abschluss des Nachlassverfahrens durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht bzw. vor dem Notar in Form einer notariell beurkundeten Erklärung erfolgen, Art. 163 Abs. 1 ErbG FBuH, Art. 94 Abs. 3 AußstVG RS, Art. 168 Abs. 1 ErbG BD BuH. Im Ausland können bosnisch-herzegowinische Staatbürger diese Erklärung vor einer diplomatischen Vertretung Bosnien und Herzegowinas abgeben.
Rz. 115
Handelt es sich bei der Erklärung um einen Erbantritt, sollten die Formvoraussetzungen nicht allzu streng ausgelegt werden, da ja auch ohne ausdrückliche Antrittserklärung der Nachlass auf den Erben übergehen würde. Sollte bis zum Ende des Nachlassverfahrens keine Erklärung abgegeben werden, wird dies als Annahme bewertet. Die Ausschlagung des Erbteils zugunsten eines anderen Erben gilt ausdrücklich nicht als Ausschlagung, sondern als Annahme mit Abtretung, Art. 166 Abs. 2 ErbG FBuH, Art. 157 Abs. 2 ErbG RS, Art. 171 Abs. 3 ErbG BD BuH.
Rz. 116
Die Erbschaftserklärung ist unwiderruflich, kann aber wegen Willensmangel angefochten werden, Art. 168 ErbG FBuH, Art. 159 ErbG RS, Art. 173 ErbG BD BuH. Diese Erklärung kann mit begrenzter oder unbegrenzter Wirkung abgegeben werden. Im ersten Fall gilt sie nur für denjenigen, der die Erklärung abgegeben hat, im zweiten auch für dessen Abkömmlinge. Sollte die Ausschlagung ohne zusätzliche Erklärung abgegeben werden, gilt diese als unbegrenzt, also auch für die Abkömmlinge, Art. 163 Abs. 2 ErbG FBuH, Art. 154 Abs. 2 ErbG RS, Art. 168 Abs. 2 ErbG BD BuH. Hinsichtlich des Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, gilt die Vermutung, er hätte den Erbfall nicht erlebt; es kommt zur Anwendung des Repräsentationsprinzips und subsidiär des Zuwachsprinzips.
II. Erbengemeinschaft
Rz. 117
Mehrere Erben bilden eine Erbgemeinschaft, Art. 175 ErbG FBuH, Art. 166 ErbG RS, Art. 180 ErbG BD BuH. Die Doktrin sieht in dieser Erbgemeinschaft einen Fall des Gesamthandeigentums. Dafür spricht die Tatsache, dass die Erben im Unterschied zu Miteigentümern den Nachlass ausschließlich gemeinschaftlich verwalten und darüber verfügen können. Erst nach Erlass des Erbschaftsbeschlusses stehen die Bruchteile der einzelnen Erben am Nachlass fest, wodurch es zu einer ex lege Transformation des Gesamthandeigentums in Miteigentum kommt.
Rz. 118
Der einzelne Erbe kann während der Dauer der Erbgemeinschaft seinen Erbteil nur an andere Miterben übertragen. Diese Verfügung bedarf einer notariellen Beurkundung, Art. 176 Abs. 2 ErbG FBuH, Art. 167 Abs. 2 ErbG RS, Art. 181 Abs. 2 ErbG BD BuH. Verfügt ein Miterbe vor diesem Zeitpunkt über seinem Erbteil, verpflichtet er sich unter aufschiebender Bedingung, Art. 176 Abs. 3 ErbG FBuH, Art. 167 Abs. 3 ErbG RS, Art. 181 Abs. 3 ErbG BD BuH.
III. Erbenhaftung
Rz. 119
Die Haftung der Erben ist auch bei der Annahme der Erbschaft gem. Art. 172 ErbG FBuH, Art. 163 ErbG RS, Art. 177 ErbG BD BuH lediglich auf die Höhe des Wertes des geerbten Vermögens beschränkt. Unabhängig davon, ob bereits eine Nachlassauseinandersetzung vorgenommen wurde, haften die Erben solidarisch jedoch nur bis zu der Höhe ihres jeweiligen Anteils, es sei denn, der Erblasser hat anderweitig bestimmt. Durch diese etwas widersprüchliche Bestimmung, die in allen drei Erbgesetzen gleichlautend enthalten ist, ist unklar, ob die Erben im Außenverhältnis tatsächlich solidarisch haften, so dass von jedem Erben die Forderung in Gesamthöhe verlangt werden könnte und die Haftung nur im Innenverhältnis den Erbquoten anteilmäßig ist, oder die Gläubiger von jedem Erben nur anteilmäßig die Auszahlung fordern können.
Rz. 120
Die Nachlassgläubiger können innerhalb von drei Monaten nach dem Erbfall eine Trennung des Nachlasses vom Eigenvermögen der Erben beantragen, Art. 173 ErbG FBuH, Art. 164 ErbG RS, Art. 178 ErbG BD BuH.
IV. Zuständigkeiten
Rz. 121
Das Nachlassverfahren ist in der Föderation BuH und im Brčko Distrikt BuH durch die neuen Erbgesetze geregelt, während sich die Bestimmungen zum Nachlassverfahren in der Republik Srpska in dem Gesetz, das das Außerstreitverfahren regelt, befinden (siehe Rdn 1).
Rz. 122
Prinzipiell fällt das Nachlassverfahren in die Zuständigkeit der Gerichte. Die Gerichte vertrauen die Durchführung des Nachlassverfahrens dem Notar an und leiten die Gerichtsakten unverzüglich an den Notar weiter, Art. 200 ErbG FBuH, Art. 94 Abs. 3 AußstVG RS, Art. 205 ErbG BD BuH. Der Notar handelt als Gerichtskommissar und hat alle Zuständigkeiten, wie sie auch dem Richter zustehen. Die ...