Rz. 23

Eine weitere Voraussetzung für die Erbfolge ist die Erbwürdigkeit. Die drei Erbgesetze in BuH benennen enumerativ die Gründe für die Erbunwürdigkeit, allerdings mit einigen redaktionellen Unterschieden, Art. 158 ErbG FBuH, Art. 149 ErbG RS, Art. 163 ErbG BD BuH.

 

Rz. 24

Als erbunwürdig werden Erben betrachtet, die gegen das Wohlergehen des Erblassers gehandelt haben:

einen vorsätzlichen Mord/Totschlag oder versuchten Mord/Totschlag des Erblassers verübt haben,
eine notwendige Hilfeleistung an den Erblasser, welche ohne Gefahr für das eigene Leben geleistet werden konnte, unterlassen haben bzw. den Erblasser ohne Hilfestellung in einer Situation gelassen haben, welche für sein Leben oder Gesundheit bedrohlich war. Dazu zählt ein Verstoß gegen eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser.
 

Rz. 25

Erbunwürdig sind außerdem Erben, die gegen die Testierfreiheit des Erblassers verstoßen haben: den Erblasser gegen seinen Willen dazu veranlasst haben, ein Testament zu errichten, zu ändern oder zu widerrufen, oder das Testament zerstört, versteckt oder falsifiziert haben, um die Erfüllung des letzten Willens des Erblassers zu verhindern.

 

Rz. 26

In der Föderation BuH und Brčko Distrikt BuH sind auch diejenigen Erben, welche den Erblasser durch eine vorsätzlich verübte Straftat dauerhaft in die Lage der Testierunfähigkeit gebracht haben oder für sich eine günstigere Erbstellung erreicht haben, erbunwürdig. Das ErbG BD BuH und ErbG RS sehen – im Gegensatz zum ErbG FBuH – noch einen weiteren Erbunwürdigkeitsgrund vor, welcher nicht gegen den Erblasser gerichtet sein muss, sondern anhand objektiver Kriterien beurteilt wird. Danach ist ein Erbe erbunwürdig, wenn er das Land verlassen hat, um einer Verurteilung wegen einer schwerwiegenden Straftat zu entgehen.

 

Rz. 27

In der Föderation BuH und BD BuH werden die Erbunwürdigkeitsgrunde analog auf den Erbvertrag angewendet.

 

Rz. 28

Die Erbunwürdigkeit tritt ex lege ein und das Gericht achtet von Amts wegen darauf (Ausnahmen stellen der Erbunwürdigkeitsgrund der unterlassenen Hilfeleistung und der Verstoß gegen die gesetzliche Unterhaltspflicht dar, Art. 159 Abs. 3 ErbG FBuH, Art. 150 Abs. 4 ErbG RS, Art. 164 Abs. 4 ErbG BD BuH).

 

Rz. 29

Der Wille des Erblassers spielt dabei keine Rolle, es sei denn, er verzeiht im Testament einem Erben die Erbunwürdigkeit, Art. 159 Abs. 2 ErbG FBuH. In der Föderation BuH kann die Erbunwürdigkeit immer verziehen werden, in der Republik Srpska und BD BuH dagegen nicht. Das hängt mit den Erbunwürdigkeitsgründen zusammen. In der Republik Srpska und BD BuH kann der objektive Erbunwürdigkeitsgrund nicht verziehen werden.

 

Rz. 30

Ein unwürdiger Erbe wird als vorverstorben betrachtet und kann sich weder aufgrund des Gesetzes noch des Testaments oder Erbvertrages am Nachlass beteiligen; die Erbunwürdigkeit löst die Anwendung des Repräsentationsprinzips aus, Art. 159 Abs. 1 ErbG FBuH, Art. 149 Abs. 1 ErbG RS, Art. 164 Abs. 1 ErbG BD BuH.

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