Verfahrensgang
AG Prenzlau (Aktenzeichen 7 F 154/23 GÜ) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss des Amtsgerichts Prenzlau vom 12.02.2024 (Az. 7 F 154/23 GÜ) sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 16.04.2024 aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Soweit das Amtsgericht der Rechtsverteidigung des Antragsgegners keine Erfolgsaussichten beigemessen hat, kann das - nach derzeitigem Sach- und Verfahrensstand - bei der gebotenen summarischen Prüfung keinen Bestand haben.
Zwar verlangt §§ 113 Abs. 1 FamFG, 340 Abs. 3 Satz 1 ZPO als Konkretisierung der allgemeinen Prozessförderungspflicht der säumigen Partei ein Vorbringen ihrer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Einspruchsschrift mit der Folge einer etwaigen Präklusion bei Nichteinhaltung dieser Frist unter entsprechender Anwendung des § 296 Abs. 1, 3 und 4 ZPO (vgl. § 340 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Vorliegend wurde der Versäumnisbeschluss des Amtsgerichts vom 17.01.2024 ausweislich des Erledigungsvermerks jedoch erst am 19.01.2024 durch die Geschäftsstelle zur Postzustellung beauftragt. Der Bestellungsschriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 19.01.2024 wurde jedoch über das elektronische Anwaltspostfach (beA) übersandt, so dass dieser Schriftsatz noch vor Herausgabe des Versäumnisbeschlusses zur Post am selben Tag hätte zur Kenntnis genommen werden können und auch müssen. Folglich muss davon ausgegangen werden, dass gem. § 176 ZPO die Zustellung des Versäumnisbeschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners hätte erfolgen müssen und die statt dessen an den Antragsgegner persönlich veranlasste Zustellung unwirksam gewesen ist (vgl. BGH NJW 1981, 1673 m.w.N.). Eine etwaige Präklusion hinsichtlich des Vorbringens des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 12.02.2024 kann daher nicht angenommen werden.
Im Übrigen ist der Antragsgegner auch im Verfahrenskostenhilfeverfahren auf die unzureichende Substantiierung seines Vorbringens hinzuweisen und Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu ergänzen. Denn einer bemittelten Partei hätte im Hauptsacheverfahren die Möglichkeit offen gestanden, auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hin Substantiierungsmängel zu beheben und in einer mündlichen Verhandlung etwaige Missverständnisse und Unklarheiten aufzuklären. Das Gebot der Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten erfordert bei Ablehnung eines Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfeantrags, dass hinsichtlich richterlicher Hinweispflichten ein ebenso strenger Maßstab angelegt wird wie in einem Hauptsacheverfahren (vgl. BVerfG, FamRZ 2008, 131 ff, auch juris; Zöller/Geimer, ZPO, 35. Auflage 2024, § 114, Rn. 23b). Das Amtsgericht hat jedoch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt, ohne zuvor den Antragsteller auf die Bedenken hinsichtlich der Substantiierung seines Vorbringens hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu einem ergänzenden Sachvortrag einzuräumen. Angesichts der nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 139 Abs. 2 ZPO zu wahrenden Hinweispflicht kann eine Zurückweisung der Einwendungen des Antragsgegners nicht mit einer Präklusion nach § 296 Abs. 1 ZPO begründet werden.
Diese Grundsätze gelten auch für weiteres, insbesondere neues Vorbringen im Abhilfeverfahren nach § 572 ZPO (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.07.2020, 13 WF 104/20, zitiert nach juris). Nach § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann die Beschwerde uneingeschränkt auf ergänzendes oder neues Vorbringen gestützt werden. Die Abhilfeprüfung nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO enthält und gebietet insoweit keinen anderen Prüfungsmaßstab, so dass weitere gerichtliche Ermittlungen und Hinweise geboten sein können. Vorliegend hat das Amtsgericht erst in der Nichtabhilfeentscheidung auf das teilweise unerhebliche, unsubstantiierte und daher unbeachtliche Vorbringen des Antragsgegners hingewiesen, jedoch keine Gelegenheit zu einem ergänzenden Vorbringen eingeräumt.
Die Prüfung der Bedürftigkeit bleibt dem Amtsgericht vorbehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Fundstellen
Dokument-Index HI16641704 |