Leitsatz (amtlich)
Bestreitet der Antragsgegner im vereinfachten Verfahren den Zugang des Auskunftsersuchens oder der Mahnung, kann das Bestreiten nach § 648 Abs. 1 S. 3 2. Hs ZPO nicht nur dann zurückgewiesen werden, wenn der Rpfleger vom fehlenden Zugang überzeugt ist, sondern bereits dann, wenn er den fehlenden Zugang für unwahrscheinlich hält (hier: Vorliegen einer Postzustellungsurkunde).
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 04.04.2003; Aktenzeichen 22 FH 10/03) |
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners vom 13.8.2003 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 14.4.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 8.960 Euro.
Gründe
I. Das Jugendamt des Landkreises Elbe-Elster hat für die Antragsteller im vereinfachten Verfahren am 25.2.2003 die Festsetzung von Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages ab März 2003 sowie rückständigen Unterhalt ab Juni 2002 i.H.v. je 1.872 Euro beantragt. Auf dem Ergänzungsblatt zum Antrag ist vermerkt, dass der Antragsgegner das Schreiben des Jugendamtes vom 26.6.2002, mit dem er zur Auskunft über seine Einkünfte aufgefordert worden war, „nicht abgef.” habe. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde ihm das Schreiben durch Niederlegung am 27.6.2002 zugestellt.
Der Antragsgegner hat im Rahmen seiner schriftlichen Anhörung keine Einwendungen erhoben.
Das AG hat sodann durch Beschluss vom 4.4.2003 den Kindesunterhalt wie beantragt festgesetzt. Gegen den ihm am 5.4.2003 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner unter dem 14.4.2003 am 16.4.2003 Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegründung wendet er ein, dass er während der bis 28.6.2002 absolvierten Maßnahme der Erwachsenenbildung lediglich Unterhaltsgeld in Höhe des Selbstbehaltes bezogen habe und seit Juli 2002 Arbeitslosenhilfe i.H.v. 131,60 Euro wöchentlich erhalte. Das Jugendamt sei hierüber informiert gewesen. Seine finanziellen Verhältnissen hätten sich zu keinem Zeitpunkt verändert. Er sei zahlungsunfähig und kurz vor dem Existenzminimum.
Ferner beanstandet er, dass die Festsetzung ab dem 1.6.2002 erfolgt sei. Die Aufforderung vom 26.6.2002 zur Auskunftserteilung habe er nicht erhalten.
Das AG hat der Beschwerde am 20.8.2003 nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig. Sie ist gem. § 652 Abs. 1 ZPO statthaft und form- und fristgerecht nach § 569 ZPO eingelegt worden.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die von dem Antragsgegner erhobenen Einwendungen sind unzulässig bzw. greifen i.E. nicht durch.
Soweit der Antragsgegner einwendet, dass rückständiger Unterhalt mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 1613 Abs. 2 BGB nicht hätte festgesetzt werden dürfen, handelt es sich zwar um eine nach §§ 652 Abs. 2 S. 1, 648 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige Einwendung. Diese steht der Festsetzung jedoch nicht entgegen.
Bestreitet der Antragsgegner den Zugang des Auskunftsersuchens oder der Mahnung und rügt er damit den Beginn des Unterhaltszeitpunktes, kann das Bestreiten nach § 648 Abs. 1 S. 3 2. HS ZPO nicht nur dann zurückgewiesen werden, wenn der Rpfleger vom fehlenden Zugang überzeugt ist, sondern bereits dann, wenn er den fehlenden Zugang für unwahrscheinlich hält (Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Änderungsvorschlag des Bundesrates zum KindUG, BT Drucks. 13/7338, 58; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 648, Rz. 5). Dieselben Anforderungen gelten auch im Beschwerdeverfahren, §§ 652 Abs. 2 S. 1, 648 Abs. 1 S. 3 ZPO.
Auf Grund der vorliegenden Postzustellungsurkunde, die als Zeitpunkt der Niederlegung den 27.6.2003 ausweist, ist von der Zustellung des Auskunftsverlangens des Jugendamtes vom 26.6.2003 an diesem Tag auszugehen. Die nach § 182 Abs. 1 ZPO errichtete Postzustellungsurkunde begründet nach § 418 ZPO den vollen Beweis für die Zustellung des Schriftstückes. Da für die Ersatzzustellung nach § 181 Abs. 1 S. 3 ZPO darüber hinaus nicht erforderlich ist, dass der Empfänger das Schriftstück abholt und damit tatsächlich zur Kenntnis nimmt, spielt es keine Rolle, dass das Jugendamt auf dem Antrag in Bezug auf das Schreiben vom 26.6.2002 vermerkte, dass das Schreiben „nicht abgefordert” wurde. gem. § 181 Abs. 2 ZPO wird das innerhalb von drei Monaten nicht abgeholte Schriftstück an den Absender zurückgesandt. Die Wirksamkeit der Zustellung wird hierdurch nicht beeinträchtigt. Der Antragsgegner hat auch keine Umstände vorgetragen, die einer wirksamen Zustellung durch Niederlegung entgegenstehen. Insbesondere genügt hierfür nicht das pauschale Bestreiten des Zugangs.
Der weiter gehende Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit ist unbeachtlich.
Nach § 648 Abs. 2 S. 1 ZPO kann der Antragsgegner im vereinfachten Unterhaltsfestsetz...