Leitsatz (amtlich)
1. Zur schlüssigen Darstellung seiner Leistungsunfähigkeit hat der auf Mindestunterhalt in Anspruch genommene Unterhaltsschuldner in Ansehung der ihn treffenden Erwerbsobliegenheit aus § 1603 Abs. 1 BGB und eines ihm möglichen Einkommens (vgl. Nr. 9 LL BRB) einlassungsfähige Ausführungen zu seinem Alter, seiner Vorbildung und seinem vollständigen beruflichen Werdegang zu machen. Dies umfasst Zeitpunkt und Niveau seines Schulabschlusses und insbesondere eine lückenlose Darstellung seines Ausbildungsganges und seiner nach Ausbildungsabschluss ausgeübten Tätigkeiten sowie seiner dabei erzielten Einkommen.
2. Ohne diese Angaben lassen sich die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines anderen unterhaltspflichtigen Verwandten aus § 1603 Abs. 2 S 3 BGB ebenfalls nicht feststellen; es lässt sich nicht ausschließen, dass der Unterhaltsschuldner den beanspruchten Unterhalt bei Erfüllung seiner (ungesteigerten) Erwerbsobliegenheit aus § 1603 Abs. 1 BGB ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Selbstbehalts leisten kann.
3. Bei der Prüfung des Vorhandenseins eines anderen unterhaltspflichtigen Verwandten (§ 1603 Abs. 2 S 3 BGB) erfolgt zur Beurteilung eines erheblichen finanziellen Ungleichgewichts zwischen den Eltern ein Einkommensvergleich unter Einbeziehung fiktiver Einkünfte des regulär barunterhaltspflichtigen Elternteils (vgl. Born, in MüKo, 6. Aufl. § 1603, Rn. 114; Reinken in BeckOK BGB § 1603 Rn. 42 . Ed. 26, Viefhues in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 1603 BGB, Rn. 808, jew. m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 15.07.2016; Aktenzeichen 52 F 91/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Neuruppin vom 15.7.2016 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt unterhalb des Mindestunterhalts für seinen am 22.04.2003 geborenen Sohn, den Antragsteller.
Er wendet Leistungsunfähigkeit ein. Sein Einkommen rechtfertige, wie er im Wesentlichen geltend macht, keine Unterhaltszahlungen von mehr als 180 EUR monatlich. Zudem verfüge die Kindesmutter, gegen die er derzeit ein Auskunftsverfahren betreibe, über ein deutlich höheres Einkommen als er, so dass sie als andere Barunterhaltspflichtige nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht käme.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Verfahrenskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Den Antragsgegner treffe eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit und seine Leistungsunfähigkeit lasse sich in Ansehung der ihn treffenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht feststellen. Auch sei nicht davon auszugehen, dass die Kindesmutter über etwa das Dreifache der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte verfüge.
2. Die nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Verfahrenskostenhilfe kann dem Antragsgegner nicht gewährt werden.
a) Schon die Verfahrensarmut (§ 114 ZPO) lässt sich nicht feststellen.
Der Antragsgegner hat entgegen § 117 Abs. 4 ZPO keine formgerechte Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben. Angaben zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit fehlen, desgleichen zum Verkehrswert seines Fahrzeuges. Die in dem nach § 117 Abs. 4 ZPO zwingend zu benutzenden Formular zu machenden Angaben hat der um Verfahrenskostenhilfe Nachsuchende nach jetziger Rechtslage zugleich auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu versichern, da sie die Grundlage der ihn nach § 120a Abs. 2 S 1 ZPO treffenden Mitteilungspflichten bilden. Fehlende Angaben, insbesondere zu Einnahmen, erschweren eine Änderungsprüfung nach § 120a ZPO nachhaltig oder machen sie unmöglich.
b) Zudem hat seine Rechtsverteidigung derzeit keine Aussicht auf Erfolg hat (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Die Leistungsunfähigkeit (§ 1603 BGB) des Antragsgegners lässt sich nicht feststellen, wie das AG im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird nicht nur durch sein tatsächlich vorhandenes Vermögen und Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er bei gutem Willen erzielen könnte, auch tatsächlich erzielt. Zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen zählen daher auch Einkünfte, die der Unterhaltspflichtige in zumutbarer Weise erzielen könnte, aber tatsächlich nicht erzielt (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 1 Rn. 736 m.w.N.).
Der insoweit für seine eigene Lebensstellung darlegungs- und beweisbelastete Unterhaltsschuldner (vgl. Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 6, Rn. 723 m.w.N.) hat in A...