Normenkette
ZPO § 115 Abs. 2 S. 1; BGB § 1360a Abs. 4 S. 1, § 1601 ff.
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 30.10.2002; Aktenzeichen 34 F 204/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Das AG hat der Klägerin zu Recht eine Ratenzahlungsverpflichtung auferlegt. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gemäß den §§ 1601 ff. BGB i.V.m. § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB analog zu, den sie als Bestandteil ihres Vermögens gemäß § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO im Rahmen der Bewilligung der Prozesskostenhilfe einzusetzen hat.
Am grundsätzlichen Bestehen dieses in Geld zu leistenden Vorschussanspruchs ergeben sich keine Bedenken. Da es sich beim Prozesskostenvorschussanspruch um einen Anspruch auf Ausgleichung von Sonderbedarf handelt (vgl. auch Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl. 2002, Rz. 373), kann sich der unterhaltsverpflichtete gesetzliche Vertreter der Klägerin nicht darauf berufen, dass er im Übrigen Unterhalt in Form des so genannten Betreuungsunterhalts nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB leistet. Der Sonderbedarf geht vielmehr über die Gewährung des allgemeinen Unterhaltsbedarfs hinaus und unterfällt insoweit nicht der Regelung des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl. auch BGH v. 27.4.1983 – IVb 378/81, MDR 1983, 1007 = FamRZ 1983, 689).
Bei Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des gesetzlichen Vertreters der Klägerin bestehen keine Bedenken an der Zubilligung des Sonderbedarfs. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des gesetzlichen Vertreters der Klägerin von 1.609,50 Euro (bei dem evtl. Sonderzuwendungen noch nicht einmal berücksichtigt sind) verfügt er auch bei Abzug seiner Kreditverbindlichkeit von 125 Euro monatlich im Grundsatz über ein ausreichend hohes Einkommen, um auch unter Berücksichtigung seines angemessenen Selbstbehalts von 925 Euro monatlich der Klägerin Prozesskostenvorschuss gewähren zu können.
Jedoch ist zu berücksichtigen, dass – wie aus den im Grundsatz zutreffenden Erwägungen des AG folgt – der gesetzliche Vertreter der Klägerin seinerseits die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Auferlegung einer Ratenzahlungsverpflichtung in Anspruch nehmen könnte, würde er selbst den Prozess führen. Wie derartige Fälle zu behandeln sind, ist umstritten.
Nach einer Auffassung führt die volle oder teilweise Prozesskostenhilfebedürftigkeit des auf Prozesskostenvorschuss in Anspruch Genommenen dazu, dass dem klagenden Vorschussberechtigten im vollen Umfange Prozesskostenhilfe zugebilligt werden müsse und er nicht auf den Vorschussanspruch verwiesen werden könne (OLG Bamberg v. 8.3.2000 – 2 WF 22/00, OLGReport Bamberg 2000, 214 = FamRZ 2000, 1093 f.; OLG Zweibrücken JurBüro 2000, 483 f., OLG Oldenburg v. 19.11.1998 – 11 WF 168/98, OLGReport Oldenburg 1999, 72 [73]; OLG Köln v. 16.12.1998 – 26 W 15/98, OLGReport Köln 1999, 136; OLG Rostock v. 21.6.1994 – 1 W 33/94, OLGReport Rostock OLG-NL 1995, 88; OLG München v. 12.11.1992 – 12 WF 1066/92, OLGReport München 1993, 58 = FamRZ 1993, 714 [715]; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2003, § 115 Rz. 70; Wax in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 115 Rz. 79; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 115 Rz. 39; FamVerf/Gutjahr, 2001, § 1 Rz. 250; wohl auch Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, § 115 Rz. 9 sowie Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl. 2003, § 1360a Rz. 12; unklar Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, § 114 Rz. 61).
Dieser Ansicht, die im Wesentlichen auf der Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG v. 7.2.1994 – 9/9a RVg 4/92, MDR 1994, 512 = Rpfleger 1994, 304 f.) fußt, ist jedenfalls dann nicht zu folgen, wenn dem Vorschusspflichtigen nur eingeschränkte Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsverpflichtung zustünde. Soweit angeführt wird, dass das Prozesskostenhilferecht keine Rücksicht darauf nehme, ob dem Betroffenen sein eigener angemessener Unterhalt verbleibe und deshalb die Gefahr bestehe, dass auch bei ratenweiser Inanspruchnahme auf Prozesskostenvorschuss die Grenze zur Sozialhilfebedürftigkeit unterschritten würde (BSG v. 7.2.1994 – 9/9a RVg 4/92, MDR 1994, 512 = Rpfleger 1994, 304 f.), kann dieser Grund allein nicht zur vollständigen Versagung eines Prozesskostenvorschussanspruchs und daraus folgender vollständiger Bewilligung von Prozesskostenhilfe führen (so aber i.E. die vorgenannte Ansicht). Hierdurch wird vielmehr die Frage des Bestehens eines Prozesskostenvorschussanspruchs mit der Frage der Bedürftigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung in unzulässiger Weise vermengt. Das BSG (BSG v. 7.2.1994 – 9/9a RVg 4/92, MDR 1994, 512 = Rpfleger 1994, 304 f.) hat zwar auf die generelle Gefahr einer Sozialhilfebedürftigkeit, gleichfalls jedoch auch auf die Möglichkeit von ins Einzelne gehenden Ermittlungen insb. in Unterhaltsprozessen hingewiesen (BSG v. 7.2.1994 – 9/9a RVg 4/92, MDR 1994, 512 = Rpfleger 1994, 305). Dies läss...