Verfahrensgang

AG Neuruppin (Entscheidung vom 20.03.2002; Aktenzeichen 52 F 266/01)

 

Gründe

I.

Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute und streiten um das Umgangsrecht mit der gemeinsamen Tochter J... T..., für welche die Antragsgegnerin das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht hat.

Der Antragsteller ist algerischer Staatsbürger und begehrt Umgang mit seiner im September 1998 geborenen Tochter.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, eine Ferienregelung sei nur denkbar, wenn der Antragsteller währenddessen seinen Reisepass hinterlege, um der Gefahr der Verbringung J...s nach Algerien zu begegnen.

Hierzu hat sie ausgeführt, der Antragsteller habe einmal seinen Urlaub in Algerien verbracht, obwohl er gegenüber der Ausländerbehörde angegeben habe, dass er dort nicht hinreisen könne, weil er politisch verfolgt und sein Leben bedroht sei, er sogar mit einer sofortigen Verhaftung rechnen müsse.

Würde der Antragsteller bei einem erneuten Besuch in Algerien J... mitnehmen, sei somit zu befürchten, dass die Sicherheit J...s ebenfalls nicht gewährleistet sei.

Außerdem habe J... der Antragsgegnerin einmal, als sie ein Flugzeug gesehen habe, gesagt: "Mama, da Flugzeug. Papa Flugzeug und ich auch. Mama nicht Flugzeug".

Mit angefochtenem Beschluss vom 20.3.2002 hat das Amtsgericht das Umgangsrecht des Antragstellers in der Weise geregelt, dass ihm beginnend ab 1.4.2002 14-tägig in den ungeraden Wochen am Wochenende in der Zeit von Samstag, 10:00 Uhr bis Sonntag, 18:00 Uhr, jeweils an den zweiten Feiertagen zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten in der Zeit von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr und beginnend ab dem 1.10.2002 zweimal eine Woche im Jahr, während des Urlaubs des Antragstellers, eine Woche davon in den Schulferienzeiten, Umgang mit seiner Tochter zu gewähren ist.

Dabei hat das Amtsgericht hinsichtlich der letztgenannten Regelung betreffend den Um -gang während der Urlaubszeit dem Antragsteller aufgegeben, während dieser Zeit seinen Reisepass bei der Ausländerbehörde zu hinterlegen.

Zur Begründung dieser Auflage hat das Amtsgericht ausgeführt, diese sei erforderlich, um die Gefahr einzudämmen, dass der Antragsteller J... außer Landes bringe. Zwischen Deutschland und Algerien bestehe kein Abkommen zur Rückführung von Kindern.

Gegen diese Auflage richtet sich die am 12.4.2002 beim Oberlandesgericht eingegangene Beschwerde des Antragstellers.

Zur Begründung führt er aus, die angegriffene Auflage verstoße gegen geltendes Recht. Im Hinblick auf die Passhoheit des Herkunftsstaates, die Ausweispflicht gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 Ausländergesetz sowie auf die sich aus § 1 des Gesetzes über Personalausweise ergebende Mitführungspflicht eines Personalausweises sei die Anordnung der Hinterlegung eines Passes oder Ausweises nicht zulässig.

Zudem bestünden keinerlei konkrete Hinweise auf eine Entführungsgefahr durch den Antragsteller. Tatsachen, die einen solchen Verdacht rechtfertigen würden, seien weder vorgetragen noch sonst vom Amtsgericht ermittelt worden.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist als befristete Beschwerde gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats ab Zustellung der Entscheidung zur Umgangsregelung an den Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht als Beschwerdegericht gemäß § 621 e Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 516 ZPO (a.F.) eingegangen und gleichzeitig begründet worden.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß § 1684 BGB steht dem nicht sorgeberechligten Elternteil ein Umgangsrecht mit seinem Kind zu. Gründe, die einen Ausschluss des Umgangsrechts rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Das Amtsgericht war auch nicht befugt, dieses Umgangsrecht durch die vorstehend bezeichnete Auflage dahingehend einzuschränken, dass der Antragsgegner während des Umgangs in den Ferienzeiten seinen Reisepass bei der Ausländerbehörde zu hinterlegen habe. Bei ausländischen Ausweispapieren steht einer solchen neben der völkerrechtlich anzuerkennenden Passhoheit des ausstellenden Staates, welche sogar die Sicherstellung durch deutsche Behörden verbietet (vgl. OVG Münster, NJW 1972, 2199; Staudinger/Rauscher, BGB, 13. Bearb., § 1684 Rn. 184 mit weiteren Nachweisen) auch das Argument entgegen, dass der Antragsteller als Ausländer gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 Ausländergesetz verpflichtet ist, einen Pass bei sich zu führen. Verstößt dieser gegen diese Verpflichtung, gefährdet er seine Aufenthaltsgenehmigung (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1996, 1416).

Im Ergebnis kann es sogar dahinstehen, ob trotz dieser Erwägungen grundsätzlich eine solche Auflage erteilt werden kann. Selbst wenn man insoweit anderer Auffassung folgen würde (vgl. z. B. OLG München, FamRZ 1998, 976; Oelkers, Sorge- und Umgangsrecht, § 2, Rn. 164), wäre die vorliegend durch das Amtsgericht vorgenommene Einschränkung des Umgangsrechts für den Antragsteller nicht zulässig.

Selbst nach dieser Auffassung kann eine entsprechende Maßnahme nur dann gerechtfertigt sein, wenn dadurch ein völliger Ausschluss des Umgangsrechts ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?