Leitsatz (amtlich)
In der Bestellung eines Dolmetschers für den Scheidungstermin bei Beteiligung eines ausländischen Staatsangehörigen ohne eine vorherige Anfrage bezüglich der Notwendigkeit liegt kein offensichtlicher und schwerer Verfahrensfehler, der das Nichterheben von Kosten nach § 8 GKG a.F. = § 21 GKG n.F. rechtfertigt.
Normenkette
GKG § 8 a.F., § 21 n.F.; GVG § 185
Verfahrensgang
AG Schwedt (Beschluss vom 09.07.2004; Aktenzeichen 4 F 203/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde ist nach dem 1.7.2004 eingelegt worden und daher gem. § 72 GKG in der seit dem 1.7.2004 geltenden Fassung als Beschwerde nach § 66 Abs. 2 GKG n.F. anzusehen und als solche zulässig. Die Beschwerde kann sich insb. auch gegen die Notwendigkeit und Höhe von Auslagen, hier der Dolmetscherkosten, richten (Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 66 GKG, Rz. 20). Dies folgt schon daraus, dass die Parteien anders als die Entschädigungsberechtigten und der Vertreter der Staatskasse kein Beschwerderecht gegen die Festsetzung der einem Zeugen, Sachverständigen oder Dolmetscher zu gewährenden Entschädigung nach §§ 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 ZSEG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung bzw. nach § 4 Abs. 3 JVEG in der seit dem 1.7.2004 geltenden Fassung haben (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 4 JVEG, Rz. 22 f.).
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kostenansatz, der sich, weil das Verfahren vor dem 1.7.2004 anhängig geworden ist, nach dem GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung richtet, § 72 GKG n.F., ist nicht zu beanstanden. Die hierin enthaltenen Dolmetscherkosten, die allein der Antragsgegner beanstandet, sind sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gerechtfertigt.
Zu den nach dem GKG zu erhebenden Kosten gehören gem. § 1 Abs. 1 GKG a.F. neben den Gebühren auch die Auslagen. Zu den Auslagen zählen auch die Entschädigungen für Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher (Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., Einleitung II A, Rz. 15). Diese Kosten werden gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. nur dann nicht erhoben, wenn sie bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist ein offensichtlich schwerer Fehler des Gerichts, wenn also das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und der Verstoß auch offen zutage tritt (Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 8 GKG Rz. 8; vgl. zu § 21 GKG n.F. auch Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 21 GKG Rz. 8). Dies ist hinsichtlich der vom AG veranlassten Hinzuziehung eines Dolmetschers für die Verhandlungstermine vom 8.1. und 5.2.2004 nicht der Fall.
Gemäß § 185 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, wenn unter Beteiligung von Personen verhandelt wird, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ein Dolmetscher hinzuzuziehen. Dies ist eine Ausprägung des Verfassungsgrundsatzes des fairen Verfahrens (Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., § 185 GVG, Rz. 1; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 185 GVG Rz. 1). Die Entscheidung, ob die Deutschkenntnisse eines Beteiligten ausreichend sind, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., § 185 GVG Rz. 2; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 185 GVG Rz. 1). Ob sich das Gericht in Zweifelsfällen durch Anfrage bei den Beteiligten zu vergewissern hat, ob die Bestellung eines Dolmetschers notwendig ist (dafür Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., § 185 GVG Rz. 2; Schneider, Anm. zu OLG Nürnberg, KR § 8 GKG, 93), kann dahinstehen. Denn jedenfalls liegt in der Bestellung eines Dolmetschers bei Beteiligung eines ausländischen Staatsangehörigen ohne eine vorherige Anfrage bezüglich der Notwendigkeit kein offensichtlicher und schwerer Verfahrensfehler vor, der das Nichterheben von Kosten nach § 8 GKG a.F. rechtfertigt (OLG Nürnberg, JurBüro 1989, 1692; Hessischer VGH, JurBüro 1989, 645; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 8 GKG, Rz. 19; differenzierend OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1694; OLG Stuttgart FamRZ 2001, 238; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 9.12.1983 - 17 W 514/83; LAG Hamm LAGE, § 185 GVG Nr. 1). Angesichts dessen kommt eine Nichterhebung der Dolmetscherkosten im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht. Das AG hat im Hinblick darauf, dass mit der Scheidungsantragsschrift mitgeteilt worden war, der Antragsgegner sei iranischer Staatsangehöriger, in Anwendung von § 185 GVG einen Dolmetscher für die persische Sprache zu den anberaumten Verhandlungsterminen zugezogen. Ein schwerer und offensichtlicher Fehler ist darin nicht zu erkennen.
Die für die Dolmetscherentschädigung angesetzten Auslagen sind der Höhe nach nicht zu beanstanden. Zu Unrecht wendet sich der Antragsgegner gegen eine Erhöhung des Stundensatzes nach § 3 Abs. 3 Satz 1b ZSEG mit der Begründung, von der Erhöhung seien zu Unrecht auch die Fahrzeiten erfasst. Denn gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG wird die erforderliche Zeit entschädigt. Zu der erforderlichen Zeit gehört auch die Vorbereitungszeit,...