Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 15.02.2022, Az. 6 O 184/21, wird verworfen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, zuständig für die Lagerung, Sicherung und Verwertung von Abfällen an vier Standorten im Land Brandenburg, nimmt die Beklagten auf Rückzahlung zu viel gezahlter Vergütung bzw. Schadensersatz in Höhe von 5.152.157,44 EUR mit der Begründung in Anspruch, der Beklagte zu 3 - früherer Geschäftsführer der Klägerin - habe in den Jahren 2015 bis 2019 von den Beklagten zu 1 und 2 Schmiergeldeinnahmen im erheblichen Umfang erhalten und als Gegenleistung die Beklagte zu 1 und damit auch die Beklagte zu 2 als deren Subunternehmerin bei Vergabe von Aufträgen ohne sachliche Rechtfertigung bevorzugt. Gegen den Beklagten zu 3 sowie die Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und 2 ist bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin unter dem Aktenzeichen 365 Js 15676/17 ein Ermittlungsverfahren anhängig. Im Hinblick darauf haben die Beklagten beantragt, das vorliegende Verfahren bis zum Abschluss dieses Strafverfahrens gemäß § 149 ZPO auszusetzen. Die Klägerin ist den Aussetzungsanträgen entgegengetreten.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss das Verfahren für die Dauer von 1 Jahr, jedoch nicht länger als bis zur Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Neuruppin in dem unter dem Aktenzeichen 365 Js 15676/17 gegen den Beklagten zu 3 geführten Ermittlungsverfahren ausgesetzt und zur Begründung ausgeführt, der Anwendungsbereich des § 149 Abs. 1 ZPO sei eröffnet. Die Aussetzung sei auch zweckmäßig. Die Tatsachen, die im Ermittlungsverfahren aufgeklärt würden, seien auch in dem vorliegenden Verfahren aufzuklären. Die im Ermittlungsverfahren zu erschließenden Erkenntnisquellen könnten für den anhängenden Rechtsstreit nutzbar gemacht werden, was die Sachaufklärung im Zivilverfahren wesentlich verbessere. Zugleich könnten dadurch widersprechende Entscheidungen vermieden werden. Der von der Staatsanwaltschaft Neuruppin betriebene erhebliche Ermittlungsaufwand zeige auf, dass die Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen des Strafverfahrens besser seien als diejenigen eines zum jetzigen Zeitpunkt durchgeführten Zivilverfahrens. Zwar werde das Streitverfahren durch die Aussetzung möglicherweise verzögert. Die Kammer halte aber die Aussetzung auch unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes für angezeigt. Die zeitlich begrenzte Verzögerung sei der Klägerin zuzumuten, da angesichts des Umfangs des Streitstoffes ohnehin nicht mit einem kurzfristigen Abschluss des Zivilverfahrens innerhalb weniger Monate gerechnet werden könne. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf den Inhalt des Aussetzungsbeschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit einem am 02.03.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens gegen die Aussetzung wendet. Sie macht geltend, das Landgericht habe das ihm zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Die Annahme, dass die im Rahmen des Strafverfahrens zu erzielenden Erkenntnismöglichkeiten für das Zivilverfahren besser seien, sei unzutreffend, da die wesentlichen Erkenntnisse aus den strafrechtlichen Ermittlungen bereits in das zivilgerichtliche Verfahren hätten einfließen können. Zudem werde es bei der strafrechtlichen Bewertung des Sachverhalts teilweise auf andere Umstände als im Zivilprozess ankommen. Zivilrechtlich gehe es um den Ersatz des Schadens, der ihr entstanden sei, und der darin liege, was sie ohne die Korruption bei Beauftragung eines vergleichbaren Marktteilnehmers aufgewendet hätte, was im Strafverfahren jedoch nicht ermittelt werde. Die Annahme des Landgerichts, durch die Aussetzung könnten widersprechende Entscheidungen vermieden werden, gehe daher fehl. Zudem umfasse das Ermittlungsverfahren nicht nur das strafbare Verhalten des Beklagten zu 3, sondern erstrecke sich darüber hinaus auf weitere Vertragsbeziehungen, die nicht Gegenstand der Klage seien. Den Beklagten sei es auch aufgrund eigener Erkenntnisse und erfolgter Akteneinsicht möglich und zumutbar, auf die Klage zu erwidern. Soweit das Landgericht meine, ihr sei die zu erwartende Verzögerung zuzumuten, verkenne es, dass sich durch die Aussetzung der inhaltliche Eintritt in das Zivilverfahren hinauszögere, so dass sich der ohnehin nicht zu erwartende kurzfristige Abschluss noch weiter verschiebe. Mit den damit verbundenen erheblichen Risiken und Nachteilen habe sich das Landgericht in seiner Ermessensentscheidung nicht auseinander gesetzt. Durch die Aussetzung werde es ihr erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, ihre erheblichen Schadensersatzansprüche im Ergebnis auch durchzusetzen.

Die Beklagten zu 1 und 3 sind der sofortigen Beschwerde der Klägerin entgegengetreten und haben ihre Zurückweisung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 04.04.2022 an das Landgericht hat die Klägerin mitgeteilt, dass die staatsanwaltsch...

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