Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenunterhalt bei Einkommenssteigerungen. Prozesskostenhilfe: Berücksichtigung eines Bausparvertrages und einer Lebensversicherung aufseiten des Antragstellers. Bedarfsbemessung nach Karrieresprung des Unterhaltspflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Zum einzusetzenden Vermögen im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zählen auch Bausparverträge, die noch nicht zuteilungsreif sind. Ebenso sind Lebensversicherungen im Grundsatz einzusetzen.
2. Bedarfsbemessung im Ehegattenunterhalt bei Einkommenssteigerungen (Karrieresprung): Maßgebender Prüfungszeitpunkt für eine vom Normalverlauf abweichende unerwartete Einkommensentwicklung ist beim Trennungs- wie auch beim nachehelichen Unterhalt die Trennung und nicht die Scheidung.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3 S. 1; BGB §§ 1569, 1578 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 07.05.2008; Aktenzeichen 21 F 94/07) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Der Antrag ist zurückzuweisen, da die Klägerin nicht bedürftig gem. den §§ 114 f. ZPO ist. Sie verfügt über ausreichende Vermögenswerte oberhalb des ihr zustehenden Schonvermögensbetrages, weshalb ihr die Finanzierung der Kosten des Berufungsverfahrens möglich ist.
I. Die Klägerin hat einen Bausparvertrag bei der SH AG, der Ende 2007 einen Guthabenstand von 786,00 EUR aufwies und daher - gleich bleibend monatliche Zahlungen von 40 EUR vorausgesetzt - derzeit etwa einen Guthabenstand von 1.200 EUR haben wird. Dieses Bausparguthaben hat sie zur Finanzierung der Prozesskosten einzusetzen. Dabei kommt es weder darauf an, dass sie beabsichtigt, diesen Vertrag zur Renovierung einzusetzen, noch, dass dieser Vertrag nach ihren Angaben erst im Dezember 2015 fällig (zuteilungsreif) ist. Ein Bausparguthaben ist einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO (vgl. BGH, FamRZ 2008, 250 [251]; 2007, 1720 [1722]). Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag noch nicht zuteilungsreif ist (BAG, FamRZ 2006, 1445). Anderes kann gelten, wenn der Vertrag für zwingend notwendige Sanierungsmaßnahmen benötigt wird (AG Andernach FamRZ 2006, 628). Davon kann aber schon mangels eines in näherer Zukunft liegenden Zuteilungstermins nicht ausgegangen werden.
II. Darüber hinaus hat die Klägerin eine Lebensversicherung bei der Aachener Münchener, die nach ihren Angaben zum 1.6.2008 einen Rückkaufswert von 4.583 EUR auswies. Da es sich insoweit um kein geschütztes Altersvorsorgevermögen handelt, hat die Klägerin auch diesen Betrag einzusetzen. Lebensversicherungen jeglicher Art bilden einzusetzendes Vermögen. Die vertragliche Zweckbindung solcher Vorsorgeverträge als Altersversorgung ist grundsätzlich unbeachtlich, hier aber auch nicht vorgetragen worden. In aller Regel ist der Einsatz auch dann zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung Einbußen verbunden sind; die hiermit verbundenen Nachteile fallen in die Risikosphäre des Antragstellers (BSG, FamRB 2005, 347; Brandenburgisches OLG, FamRZ 2007, 72; 2006, 1396 [1397]; 1399 [1400]; OLG-Report 2006, 256 [257]). Im Übrigen muss der Beteiligte vorhandene Vermögenswerte nicht zwingend auflösen, auch die Aufnahme eines Darlehens unter Beleihung vorhandener Vermögenswerte ist in Betracht zu ziehen (vgl.: BGH, FamRZ 2007, 460,461; OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 386).
III. Insgesamt verfügt die Klägerin daher über Vermögenswerte von annähernd 5.800 EUR. Das ihr zustehende Schonvermögen von 2.600 EUR wird daher um rund 3.200 EUR überschritten, was ihr die Zahlung der voraussichtlichen Prozesskosten angesichts eines voraussichtlichen Berufungswertes von 5.386 EUR unschwer ermöglicht.
Es kommt daher nicht darauf an, inwieweit verwertbares Grundvermögen vorhanden ist, da die Klägerin nach ihren Angaben Eigentümerin mehrerer Flurstücke ist.
B. Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, dass nach derzeitigem Stand in der Sache selbst Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Berufung gem. §§ 114,119 Abs. 1 ZPO bestehen. Soweit das AG die Einkommenssteigerung des Beklagten als Karrieresprung und daher nicht eheprägend angesehen hat, dürfte diese für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidende Rechtsauffassung zutreffend sein.
I. Das Maß des ehelichen Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB. Einkommenssteigerungen (wie auch Verminderungen) sind grundsätzlich zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie vor oder nach Rechtskraft der Ehescheidung eintreten. Solche üblicherweise eintretenden Einkommensveränderungen prägen den ehelichen Bedarf.
Wegen des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit in § 1569 BGB wirken sich Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen aber nur dann bedarfssteigernd aus, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war (BGH, FamRZ 2007, 793 [795]). War die Steigerung dagegen nicht schon in der Ehe angelegt, ist sie vielmehr auf eine unerwa...