Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsstand für Ansprüche auf Erstattung von Aufwendungen gem. § 3 Abs. 3 S. 4 VermG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für Ansprüche auf Erstattung von Aufwendungen gem. § 3 Abs. 3 S. 4 VermG ist der besondere Gerichtsstand der Vermögensverwaltung nach § 31 ZPO eröffnet.

2. Die Zession der aus der Vermögensverwaltung herrührenden Forderung an einen Dritten lässt den Gerichtsstand nach § 31 ZPO unberührt.

 

Normenkette

VermG § 3; ZPO §§ 31, 36

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Aktenzeichen 6 O 188/05)

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht als Berechtigte i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 VermG aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz von Kosten nach § 3 Abs. 3 S. 4 VermG geltend, die die Landeshauptstadt Potsdam als Verfügungsberechtigte i.S.v. § 2 Abs. 3 S. 1 VermG für das in Potsdam gelegene Restitutionsgrundstück aufgewendet haben will.

Die Klägerin hat die Klage am Ort der Verwaltung in Potsdam eingereicht. Das LG Potsdam hat mit Verfügung vom 5.7.2005 darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeitsregelung in § 31 ZPO seiner Auffassung nach "im Falle einer Abtretung" nicht einschlägig sei.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das LG Potsdam und hilfsweise das LG Aurich als das zuständige Gericht zu bestimmen.

II. Der Antrag auf Bestimmung des LG Potsdam als zuständiges Gericht ist unzulässig, weil ein Fall von § 36 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, 4 bis 6 ZPO nicht gegeben ist.

Der Antrag auf Bestimmung des LG Aurich als gemeinsam zuständiges Gericht ist ebenfalls unzulässig, weil die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorliegen.

Zwar sollen die Beklagten als Gesamtschuldner (§§ 427, 421 ZPO) und somit einfache Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO) in Anspruch genommen werden und haben ihren allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12 f. ZPO) bei verschiedenen Gerichten, nämlich in Einbeck (LG Göttingen) und Aurich (LG Aurich). Eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO setzt jedoch weiter voraus, dass für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Daran fehlt es. Denn für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist der besondere Gerichtsstand des Orts der Vermögensverwaltung nach § 31 ZPO beim LG Potsdam eröffnet.

Vermögensverwaltung im Sinne dieser Vorschrift ist jede Verwaltung, gleich ob gesetzlich, vertraglich oder ohne Rechtsgrund, die sich auch auf einen einzelnen Vermögensgegenstand beziehen kann, sofern sie nur eine Mehrheit von zu besorgenden Angelegenheiten beinhaltet (statt vieler Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 31 Rz. 1). Beispielhaft für ein Rechtsverhältnis nach § 31 ZPO ist die Geschäftsführung ohne Auftrag, an welche die Regelungen in § 3 Abs. 3 VermG angelehnt sind (OLG Rostock v. 8.1.1998 - 7 U 572/96, OLGReport Rostock 1998, 169 [170], m.w.N.). Gemäß § 3 Abs. 3 S. 6 und S. 2 lit. b) VermG hat der Verfügungsberechtigte die der Erhaltung und Bewirtschaftung des Vermögenswertes dienenden Rechtsgeschäfte grundsätzlich so zu führen, wie das Interesse des Berechtigten mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert. Die Vorschrift deckt sich in ihren Rechtsfolgen mit den Pflichten des Geschäftsführers ohne Auftrag nach § 677 BGB, mag sich die Berechtigung des Verfügungsberechtigten zur Geschäftsführung auch aus dem VermG selbst ergeben. Im Übrigen folgt die in § 31 ZPO mit dem Begriffspaar Geschäftsherr/Verwalter vorausgesetzte Fremdnützigkeit der Geschäftsführung, die letztlich für jede treuhänderische Vermögensverwaltung charakteristisch ist, daraus, dass der Verfügungsberechtigte nach In-Kraft-Treten des VermG bis zur Bescheidung des Restitutionsantrags (§ 3 Abs. 3 S. 1 VermG), dessen Nichtvorliegens er sich zu vergewissern hat (§ 3 Abs. 5 VermG), bzw. bis zum Ablauf der Anmeldefrist (§ 3 Abs. 4 VermG) nicht darauf vertrauen darf, über das Restitutionsgut rechtswirksam verfügen zu dürfen.

Geführt wird die Vermögensverwaltung, wo der Verwalter regelmäßig tätig wird. Das war hier in Potsdam, wo sowohl die Verfügungsberechtigte ihren Sitz hat als auch das verwaltete Vermögen belegen ist. Die Maßgeblichkeit des Mittelpunkts der Vermögensverwaltung hat ihren inneren Grund in der Zweckmäßigkeit, Rechtsstreitigkeiten aus der Vermögensverwaltung in räumlicher Nähe zum verwalteten Vermögen zu führen, weil dort auch Beweisaufnahmen leichter und weniger aufwendig durchzuführen sind (BAG AP Nr. 1 zu § 31 ZPO). Dieser Sinn und Zweck des besonderen Gerichtsstands nach § 31 ZPO wird durch die Abtretung des Kostenersatzanspruchs an die Klägerin nicht berührt. Ein Gläubigerwechsel ist für den Gerichtsstand nur dann von Belang, wenn die Bereitstellung des Gerichtsstands von der Schutzbedürftigkeit der betreffenden Person abhängt (wie hier OLG Köln VersR 1992, 1152 f.: "Rechtsnachfolge" in nach § 38 Abs. 1 ZPO zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung, weil es nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf die Pr...

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