Leitsatz (amtlich)

Zur Besorgnis der Befangenheit, wenn die Richterin einem Terminverlegungsantrag nicht entspricht und gegen die Wartepflicht nach § 47 ZPO verstößt.

 

Normenkette

ZPO §§ 42, 47

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Aktenzeichen 2.1 F 222/16)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Das Ablehnungsgesuch der Antragsgegnerin gegen die Richterin am Amtsgericht ... wird für begründet erklärt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Zu Recht hat die Antragsgegnerin die erkennende Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektiv unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus. Entscheidend ist, ob ein Verfahrensbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BGH, NJW-RR 2003, 1220, 1221; Zöller/ Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 9). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Befangenheitsablehnung im vorliegenden Fall Erfolg.

1. Die Antragstellerin stützt das Ablehnungsgesuch zunächst darauf, dass die abgelehnte Richterin ihren Antrag auf Terminverlegung abgelehnt habe. Damit kann sie nicht durchdringen. Die Verweigerung einer beantragten Terminverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (BGH, NJW 2006, 2492, 2494 Rn. 31; Senat, Beschluss vom 13.11.2014 - 10 WF 113/14, BeckRS 2015, 02403). Daran fehlt es hier im Hinblick auf den Verfahrensverlauf.

a) Den auf 23.11.2016, 8:50 Uhr, anberaumten Verhandlungstermin hat das Amtsgericht, nachdem die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers auf Grund einer Verhinderung wegen eines zeitgleichen Termins am Amtsgericht Waren (Müritz) Verlegung beantragt hatte, auf den 30.11.2016, 8:50 Uhr, verlegt. Mit Schriftsatz vom 1.11.2016 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin unter Hinweis darauf, dass sie sich vom 30. November bis einschließlich 3.12.2016 urlaubsbedingt nicht in B... befinde, Terminsaufhebung beantragt. Zugleich hat sie "persönlich noch auf folgendes" hingewiesen: Das Gericht nehme offensichtlich keinerlei Rücksicht auf ihren Wunsch, später als 8:30 Uhr oder 8:50 Uhr zu terminieren, wie es bereits im Parallelverfahren 2.1 F 158/16 mit Schriftsatz vom 2.8.2016 erbeten worden sei. In diesem Zusammenhang hat die Verfahrensbevollmächtigte nähere Ausführungen dazu gemacht, dass sie bei Anberaumung des Termins zu einer so frühen Stunde bereits um 5:30 Uhr aufstehen müsse. Am Ende des Schriftsatzes ist ausgeführt, dass für den Fall, dass das Gericht immer mittwochs terminiere, einem Termin am 28.12.2016, 4.1., 11.1. und 25.1.2017 nichts im Wege stehe.

Laut handschriftlicher Verfügung vom 2.11.2016 hat die abgelehnte Richterin die Geschäftsstelle gebeten, nachzufragen, ob ein neuer Termin am 11. Januar oder 18. Januar, jeweils 8:50 Uhr, möglich sei. Noch am selben Tag findet sich folgender handschriftlicher Vermerk seitens der Mitarbeiterin der Geschäftsstelle:

Nach telefonischer Rücksprache mit beiden Rechtsanwältinnen wäre ein Termin am 18.1.2017, 8:50 Uhr, möglich. Die Antragstellervertreterin betont ausdrücklich, dass ihr sogar ein Termin um 8:30 Uhr lieber wäre. Die Antragstellervertreterin stimmt dem Termin am 18.1. auch nur zu, wenn sie spätestens 9:15 Uhr den Saal verlassen kann, da sie an dem Tag noch einen Termin in B... hat.

Mit Verfügung vom 8.11.2016 hat das Amtsgericht dann den Termin vom 30.11.2016 auf den 18.1.2017, 8:50 Uhr, verlegt und dabei darauf hingewiesen, dass ein spätere Terminierung bzw. eine Zusammenlegung mit einem Parallelverfahren nicht in Betracht komme, da die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dem Gericht mitgeteilt habe, dass sie wegen eines weiteren Gerichtstermins am gleichen Tag den Saal spätestens um 9:15 Uhr verlassen müsse.

Mit Schriftsatz vom 10.11.2016 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ...

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