Verfahrensgang
AG Lübben (Entscheidung vom 03.11.2022; Aktenzeichen 40 OWi 1611 Js 5098/22) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Lübben (Spreewald) vom 3. November 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Lübben (Spreewald) zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Zentraldienst der Polizei des Landes Brandenburg - Zentrale Bußgeldstelle - verhängte gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid vom 4. April 2022 wegen Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis eine Geldbuße von 500 € sowie ein Fahrverbot von einem Monat. Das Amtsgericht Lübben (Spreewald) hat den Einspruch des Betroffenen hiergegen durch Urteil vom 3. November 2022 verworfen, weil der Betroffene ohne genügende Entschuldigung zum Termin der Hauptverhandlung nicht erschienen sei, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Entschuldigungsgründen seien nicht ersichtlich.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er u. a. beanstandet, dass das Amtsgericht entgegen einer diesbezüglichen Zusage und Absprache im früheren Hauptverhandlungstermin vom 25. August 2022 einen durch die Verteidigung zu Beginn der Hauptverhandlung am 3. November 2022 gestellten Antrag, ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, rechtswidrig abgelehnt habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 OWiG statthaft und auch im Übrigen zulässig und hat mit der erhobenen Verfahrensrüge Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge, mit der die Verteidigung im Einzelnen darlegt, aufgrund welcher Umstände das Amtsgericht den Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 2 OWiG antragsgemäß hätte entbinden müssen, genügt den Begründungsanforderungen; die zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen sind hinreichend vollständig mitgeteilt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
Dies gilt auch insoweit, als sich das Beschwerdevorbringen nicht ausdrücklich darauf bezieht, dass die Verteidigerin, deren Unterbevollmächtigte für den Betroffenen zu Beginn der Hauptverhandlung den Entbindungsantrag gestellt hat, über die hierfür erforderliche besondere Vertretungsvollmacht (vgl. Göhler/Seitz/Bauer, OWiG 18. Aufl. § 73 Rn. 4) verfügte. Zwar hat sich die Rüge, das Gericht habe zu Unrecht ein Entbindungsantrag des Betroffenen abgelehnt, grundsätzlich auch dazu zu verhalten, dass der Vertreter, der den Entpflichtungsantrag gestellt hat, auch insoweit Vertretungsvollmacht hatte (vgl. Göhler aaO., § 74 Rn. 48b), wobei die Vertretungsvollmacht des Verteidigers ausreicht, wenn für diesen wie hier ein in Untervollmacht auftretender Verteidiger den Antrag stellt (Göhler aaO. § 73 Rn. 4). Das Rügevorbringen genügt gleichwohl auch im Hinblick darauf den Begründungsanforderungen, weil das Amtsgericht nicht nur die Ablehnung einer Entpflichtung nicht begründet hat (vgl. hierzu OLG Köln NZV 2005, 331, 332), sondern die Verteidigung auch substantiiert vorgetragen hat, dass mit dem Betroffenen die Antragstellung und Vertretung ausdrücklich abgesprochen war. Angesichts dieser Sachlage war ein näheres Eingehen auf das Vorliegen einer nachgewiesenen besonderen Vertretungsvollmacht ausnahmsweise entbehrlich.
2. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 73 Abs. 2 OWiG hat in der Sache bereits deshalb Erfolg, weil das Amtsgericht weder in seinem in der Hauptverhandlung ergangenen Beschluss noch in den Urteilsgründen dargelegt hat, warum es den Antrag des Betroffenen auf Entbindung abgelehnt hat.
Urteile, durch die ein Einspruch des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG verworfen wird, sind so zu begründen, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen kann (ständige Rechtsprechung der Senate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, vgl. Beschl. v. 20. Februar 2007 - 1 Ss (OWi) 45/07; Beschl. v. 26. März 2012 - 2 Ss (OWi) 24/12; Beschl. v. 17. April 2014 - [2 B] 53 Ss-OWi 176/14 [92/14]; vgl. auch OLG Düsseldorf VRS 74, 284, 285 m. w. N.). Dies gilt auch insoweit, als das Amtsgericht einen Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Erscheinenspflicht abgelehnt hat; im Falle der Ablehnung eines Antrags ohne nähere Begründung hat sich das Tatgericht jedenfalls im Urteil mit der Frage auseinanderzusetzen, warum dem Antrag nicht zu entsprechen war, weil anderenfalls das Rechtsbeschwerdegericht nicht in der Lage ist, zu prüfen, ob das Amtsgericht in rechtsfehlerfreier Weise den Entbindungsantrag des Betroffenen abgelehnt hat (OLG Dresden, Beschl. v. 8. März 2005 - Ss [OWi] 141/05, zit. nach Juris mwN.).
Auf die Gründe der Ablehnung des Entpflichtungsantrages ist das Amtsgericht jedoch weder bei der Beschlussfassung noch in den...