Normenkette

VersAusglG § 8 Abs. 1-2

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 8.1.2018 teilweise (Ziffer 2. des Tenors) abgeändert.

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Ehegatten jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 3.562,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf den am 11.11.2015 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss die am 16.11.1985 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Die Beteiligten haben durch Urkunde des Notars B... in Eisenhüttenstadt vom 13.10.2015 zur Urkundenrolle Nr. .../2015 den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und dies durch Urkunde vom 17.8.2016 zur Urkundenrolle Nr. .../2016 bekräftigt.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde, mit der er eine auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs gerichtete Entscheidung erstrebt. Zur Begründung beruft er sich auf die notariellen Vereinbarungen.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Versorgungsausgleich findet nicht statt, da ihn die beteiligten Eheleute in formgültiger Weise wirksam ausgeschlossen haben.

1. Durch die Vereinbarung vom 13.10.2015 haben die Ehegatten den Versorgungsausgleich insgesamt ausgeschlossen. An diese Vereinbarung ist der Senat gemäß § 6 Abs. 2 VersAusglG gebunden. Denn Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse bestehen insoweit nicht. Daher ist im Tenor des Beschlusses gemäß § 224 Abs. 3 FamFG festzustellen, dass ein Wertausgleich ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

a) Die Vereinbarung erfüllt die gesetzlich bestimmten formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen.

Gemäß § 7 Abs. 1 VersAusglG bedarf eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, die vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung geschlossen wird, der notariellen Beurkundung. Dieses Formerfordernis ist mit der notariellen Urkunde vom 13.10.2015 erfüllt.

b) Die Vereinbarung erfüllt ferner die materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen.

Gemäß § 8 Abs. 1 VersAusglG muss die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten. Nach § 8 Abs. 2 VersAusglG können durch die Vereinbarung Anrechte nur übertragen oder begründet werden, wenn die maßgeblichen Regelungen dies zulassen und die betroffenen Versorgungsträger zustimmen. Diese Vorschriften stehen dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht entgegen.

aa) Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 VersAusglG stellt vorliegend schon deshalb kein Wirksamkeitshindernis dar, weil mit ihr nur verhindert werden soll, dass ein Vertrag zulasten der Versorgungsträger geschlossen wird (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 6. Aufl., § 8 VersAusglG Rn. 17 f.). Durch einen vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs werden die Rechte der Versorgungsträger aber nicht berührt.

bb) Die Vereinbarung vom 13.10.2015 hält einer Inhalts- und Ausübungskontrolle im Sinne von § 8 Abs. 1 VersAusglG stand.

Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten, § 138 Abs. 1 BGB. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Abschluss der Vereinbarung abstellt (BGH, Urteil vom 9.7.2008 - XII ZR 6/07, FamRZ 2008, 2011 Rn. 10). Auch wenn der Versorgungsausgleich zum Kernbereich der Scheidungsfolgen zählt, wird sein Ausschluss - für sich genommen - unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB zumeist schon deshalb keinen Bedenken begegnen, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses regelmäßig noch nicht absehbar ist, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten der Versorgungsfall eintritt (BGH, Urteil vom 31.10.2012 - XII ZR 129/10, FamRZ 2013, 195 Rn. 20 f.). Insoweit reicht auch eine etwaige Unausgewogenheit des Vertragsinhalts für die Annahme der Sittenwidrigkeit nicht aus (BGH, Urteil vom 31.10.2012, a. a. O., Rn. 24). Sittenwidrig ist die Vereinbarung erst dann, wenn sie erkennbar einseitig auf die Benachteiligung eines Ehegatten abzielt (BGH, Urteil vom 31.10.2012, a. a. O., Rn. 22). Bei der Annahme, dass eine offenkundig einseitige Lastenverteilung vorliegt, ist Zurückhaltung geboten, weil die privatautonome Gestaltung der Ehegatten grundsätzlich zu respektieren ist (Kemper...

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