Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 21 F 383/21)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen Verfahrenskostenhilfe versagenden den Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 21. Februar 2022 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Ablehnung eines Verfahrenskostenhilfegesuchs für eine Kindschaftssache. Mit seinem am 21. Dezember 2021 beim Amtsgericht eingereichten Antrag hat er eine Umgangsregelung beantragt.

Mit Verfügung vom 26. Januar 2022 (Bl. 18) hat das Amtsgericht den Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Eltern zunächst gehalten seien, einen Einigungsversuch unter Vermittlung des Jugendamtes zu unternehmen, sowie darauf, dass anderenfalls die Rechtsverfolgung als mutwillig eingeschätzt werden könnte.

Zu Bemühungen um einen Termin beim Jugendamt hat der Antragsteller nichts vorgetragen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers als mutwillig abgewiesen.

Mit seinem hiergegen gerichteten Rechtsmittel macht der Antragsteller geltend, selbst nie Vermittlungsgespräche mit dem Jugendamt abgelehnt zu haben. Das Jugendamt habe mit ihm keinen Kontakt aufgenommen. Die Antragsgegnerin sei nicht zur Kommunikation bereit und korrespondiere lediglich über ihren Bevollmächtigten mit ihm.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtsverfolgung des Antragstellers ist mutwillig, §§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.

Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn ein Beteiligter, der keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs. 2 ZPO). Maßstab ist ein nicht hilfsbedürftiger Beteiligter, der die Kosten der Rechtsverfolgung selbst aufzubringen hat. Dieser wird regelmäßig bestrebt sein, den für ihn kostengünstigsten Weg zu wählen, wenn damit seinem Anliegen ausreichend Rechnung getragen wird. Es ist nicht der Zweck der Verfahrenskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die der nichtbedürftige Beteiligte bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (OLG Karlsruhe NZFam 2017, 863; Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Auflage 2022, § 114 Rn. 43 f.; Zöller/Feskorn, a. a. O., § 76 FamFG Rn. 32, jeweils m.w.N.).

Dies gilt uneingeschränkt auch in Sorge- und Umgangsverfahren (OLG Karlsruhe, B. v. 21.1.2019 - 18 WF 5/19 -, juris; OLG Frankfurt/Main, B. v. 27.3.2017 - 2 WF 163/16 -, juris; OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 310). Es ist dem Hilfsbedürftigen zunächst abzuverlangen, dass er die ihm kostenfrei zugänglichen Angebote - insbesondere die Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes - zur Erreichung seines Zieles wenigstens versuchsweise wahrnimmt, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Sind solche Bemühungen dagegen fehlgeschlagen, erkennbar aussichtslos oder verbietet eine besondere Dringlichkeit die Inanspruchnahme außergerichtlicher Hilfe, ist Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich zu gewähren (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2014, 584; OLG Brandenburg, FuR 2014, 181; OLG Koblenz FamRZ 2009, 1230; OLG Köln FamRZ 2013, 1241; OLG Hamm NZFam 2015, 510).

Weil gemäß § 114 Abs. 2 ZPO auf eine "verständige Würdigung aller Umstände" abzustellen ist, kann sich ein Absehen von der Inanspruchnahme jugendamtlicher Vermittlungsbemühungen als mutwillig erweisen, obwohl eine Verpflichtung hierzu grundsätzlich fehlt und auch dann, wenn die Einschaltung des Jugendamts Verzögerungen mit sich bringen kann. Dies im konkreten Einzelfall jedenfalls dann, wenn der Antragsteller in der Sache ein Ziel verfolgt, das ohne eine gerichtliche Entscheidung erreicht werden kann.

Nach diesen Maßstäben hätte der Antragsteller um jugendamtliche Hilfe zur Beilegung des konkreten Streits nachsuchen müssen. Um eine Umgangsregelung zwischen den Beteiligten zu etablieren bedarf es grundsätzlich keiner Gerichtsentscheidung. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Verständigung zwischen den Eltern auch ohne gerichtliches Verfahren in angemessener Zeit erwartet werden kann. Gegen die Erfolgsaussichten außergerichtlicher professioneller Einigungsbemühungen spricht auch nicht der Umstand, dass die Antragsgegnerin während des Gerichtsverfahrens über ihren Bevollmächtigten korrespondiert. Tatsächlich hat sie ausweislich der zur Akte gereichten Schriftsätze Gespräche beim Jugendamt wiederholt angeboten. Auch der Umstand, dass sich das Jugendamt nicht mit dem Antragsteller in Verbindung gesetzt hat, lässt das Erfordernis der Inanspruchnahme der Beratungs- und Vermittlungsleistungen im vorliegenden Fall nicht entfallen. Wenn der Antragsteller als derjenige, der eine Änderung des Umgangs erstrebt, einen Termin beim Jugendamt wahrnehmen möchte, besteht die Möglichkeit, sich hierum initiativ zu bemühen. Der Antragsteller hat Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt bei der Ausüb...

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