Leitsatz (amtlich)

Bei der Bemessung des Verfahrenswertes für das Scheidungsverfahren kann Vermögen zu berücksichtigen sein. Auch soweit es Grundeigentum betrifft, kommt eine Heranziehung im Rahmen von § 43 Abs. 1 FamGKG grundsätzlich in Betracht. Auf dem Vermögen lastende Schulden (z.B. Grundpfandrechte) sind aber in ihrer tatsächlichen Höhe abzuziehen.

 

Normenkette

FamGKG § 43

 

Verfahrensgang

AG Luckenwalde (Aktenzeichen 31 F 273/11)

 

Tenor

Die angefochtene Wertfestsetzung wird abgeändert.

Der Wert für das Scheidungsverfahren wird anderweitig auf 7.800 EUR festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 59 Abs. 1 FamGKG zulässige Beschwerde ist begründet. Der Wert für das Scheidungsverfahren ist nicht, wie vom AG angenommen, auf 15.000 EUR, sondern lediglich auf 7.800 EUR festzusetzen.

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ist in Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht unter 2.000 EUR und nicht über 1.000.000 EUR angenommen werden, § 43 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen, § 43 Abs. 2 FamGKG. Die Anwendung dieser Vorschriften führt vorliegend zu einer Festsetzung des Wertes der Ehesache auf 7.800 EUR.

1. Soweit es die Einkommensverhältnisse betrifft, ist von den Angaben, die der Antragsteller in der Beschwerdeschrift gemacht hat, auszugehen. Daran, dass er einen geringfügig höheren Wert noch als vorläufigen Wert im Scheidungsantrag angegeben hat, braucht er nicht festgehalten zu werden.

Auszugehen ist somit von einem Nettoeinkommen des Antragstellers von rund 2.000 EUR und einem solchen der Antragsgegnerin von rund 600 EUR. Es ergeben sich monatliche Gesamteinkünfte von 2.600 EUR. Das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beläuft sich danach auf 7.800 EUR.

2. Ein höherer Wert, als er sich allein aufgrund der Einkommensverhältnisse ergibt, ist entgegen der Auffassung des AG nicht anzusetzen.

Soweit das AG in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 6.8.2012 neben einem Einfamilienhaus auch Hausrat und Kfz als zu berücksichtigende Vermögenswerte genannt hat, ist dem nicht zu folgen. Denn die üblichen Haushaltssachen und ein Pkw, welcher der Mittelklasse angehört, stellen keine so nennenswerten Vermögensgegenstände dar, dass sie die Wertbemessung beeinflussen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 43 FamGKG Rz. 16 i.V.m. § 48 GKG Rz. 30 f.).

Soweit es Grundeigentum betrifft, kommt eine Heranziehung im Rahmen von § 43 Abs. 1 FamGKG grundsätzlich in Betracht. Auf dem Vermögen lastende Schulden (z.B. Grundpfandrechte) sind aber in ihrer tatsächlichen Höhe abzuziehen (vgl. OLG Schleswig, JurBüro 1976, 1091; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 2. Aufl., § 43 FamGKG Rz. 5). Dies führt hier dazu, dass das Grundeigentum bei der Wertbemessung unberücksichtigt bleibt.

Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller unwidersprochen vorgetragen, dass hinsichtlich der Doppelhaushälfte die finanzierende Bausparkasse angesichts der erheblichen Restschulden die Zwangsversteigerung betreibe. Von einem nachhaltigen Wert des Grundstücks kann daher nicht ausgegangen werden.

Hinsichtlich des von ihm selbst bewohnten Einfamilienhauses ergibt sich auf Grund der Finanzierung ein Schuldenstand von 77.500 EUR. Selbst wenn man mit dem Antragsteller den Wert des Grundstücks mit 100.000 EUR annimmt, kann nicht etwa ein überschießender Betrag von 22.500 EUR in die Wertbemessung Eingang finden. Denn der Antragsteller macht - auch insoweit unwidersprochen - geltend, noch ehebedingte Altschulden von 26.000 EUR mit monatlichen Raten von rund 484 EUR abzutragen. Aktives Vermögen verbleibt danach nicht.

Auf die Frage, ob das Grundeigentum zum Schonvermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO gehört und deshalb unberücksichtigt zu bleiben hätte (dagegen OLG Celle, Beschl. v. 29.6.2012 - 12 WF 140/12, BeckRS 2013, 01413), kommt es hier somit nicht an.

Da das Grundeigentum nach alledem unberücksichtigt zu bleiben hat, bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, wie Immobilien in die Wertbemessung einzubeziehen sind. Daher kann dahinstehen, ob Freibeträge für Ehegatten und Kinder abzuziehen und die Immobilie dann mit 5 % des verbleibenden Werts in Ansatz zu bringen ist oder stattdessen der Nutzungswert, also der Wert der ersparten Miete für einen Dreimonatszeitraum, maßgebend ist (vgl. dazu Türck-Brocker, in: Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, § 43 Rz. 18; s. zur Berechnung auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.4.2010 - 18 WF 71/10, BeckRS 2010, 28689).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6661224

NZFam 2014, 657

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